Zumindest den obligatorisch-überdimensionerten Scheck durfte der SV Atlas am Donnerstagabend mit nach Delmenhorst nehmen. Vorsitzender Manfred Engelbart war zur Verleihung der „Sterne des Sports“ nach Hannover gereist, bei denen sechs niedersächsische Vereine für ihr soziales und gesellschaftliches Engagement geehrt wurden. Den Hauptpreis räumte zwar der TuS Eschede ab, Atlas bekam aber einen der drei mit 500 Euro dotierten Förderpreise, weil der Club dafür gesorgt hat, „dass in der neuntgrößten Stadt Niedersachsens wieder hochklassiger Fußball gespielt wird und man junge talentierte Spieler in Delmenhorst halten kann“ – so formulierte es jedenfalls die Volksbank Delmenhorst-Schierbrok, die Atlas vorgeschlagen hatte.
Es wird dem Umfeld gutgetan haben, sich mal wieder feiern zu lassen, nachdem es in der Fußball-Oberliga dafür zuletzt kaum Anlässe gegeben hatte. Drei der letzten vier Spiele hat Atlas verloren und damit den Anschluss an die Aufstiegsplätze verloren. Nach elf Partien gab es schon 18 Gegentore und damit eines mehr als in der Vorsaison nach der gesamten Hinrunde. Für Trainer und Disziplin-Liebhaber Jürgen Hahn ein geradezu unhaltbarer Zustand. „Das sind zu viele, gar keine Frage. Die Defensive ist über Jahre unsere Stärke gewesen“, sagt er.
Wie reagiert Atlas auf das 1:4?
Mittlerweile sind die Abstiegsränge für den Tabellenachten weniger weit entfernt als Relegationsplatz zwei, nämlich nur zwei Punkte. Das Heimspiel am Samstag ab 15 Uhr gegen den BV Cloppenburg könnte wegweisend sein, der Nachbar ist Elfter und könnte bei einem Sieg vorbeiziehen. Hahn tut allerdings, was er in schweren Zeiten immer tut: Er besinnt sich auf die Stärken. „Es war bei den Niederlagen auch vieles gut. Die Moral stimmt, das sehe ich auch im Training. Die Jungs sind ehrgeizig und wollen wieder in die Erfolgsspur“, sagt der Coach, der erst zum zweiten Mal in seiner mehr als fünfjährigen Amtszeit zwei Pleiten in Fogle kassierte.
Das 1:4 bei Eintracht Braunschweigs mit Nationalspielern ausgerüsteter Reserve vor einer Woche war zudem die höchste Liga-Niederlage unter Hahn, der das bewährte unaufgeregte Krisenmanagement betreibt: „Wir lernen daraus, dass wir fußballerisch wieder besser arbeiten müssen. Das ist eine Aufgabe des Teams, die alle verstanden haben.“
Cloppenburg seit 44 Jahren ohne Niederlage im Stadion
Auch wenn ihm das Thema Ausfälle „eine zu einfache Ausrede ist“, wie er sagt, wird Hahn dennoch froh sein, zwei seiner defensiven Führungsspieler wieder an Bord zu haben. Stefan Bruns kehrt in die Startelf zurück, Leon Lingerski immerhin in den Kader. Offensivmotor Patrick Degen sammelt dagegen Spielpraxis in der zweiten Mannschaft.
Zumindest ist das Umfeld in Delmenhorst ruhiger als in Cloppenburg, wo es immer mal wieder Vorstandsrücktritte und verspätete Gehaltszahlungen zu erklären gibt. Seit dem Abstieg aus der Regionalliga 2016 sind die Cloppenburger Dauergast in der unteren Tabellenhälfte, aber auch ein Gegner mit viel Talent und Teamgeist. Hahn lobt das Trainerteam um den ehemaligen Atlas-Spieler Olaf Blancke. Zuletzt verließ dessen Team die Abstiegsplätze durch ein 1:0 über den Heeslinger SC trotz halbstündiger Unterzahl. In der Vorsaison gewann Cloppenburg auch bei Atlas mit 2:1 und verlängerte eine Uralt-Serie: Seit 44 Jahren konnte keine Delmenhorster Mannschaft im Stadion gegen den BVC gewinnen.