von Daniel Niebuhr
Dass der SV Atlas einen guten Saisonstart hinlegt, ist streng genommen eigentlich nichts Neues. In den ersten vier Jahren nach der Wiedergründung 2012 blieben die Delmenhorster immer in mindestens den ersten 21 Spielen einer Saison unbesiegt – allerdings war der Club von der Fußball-Oberliga damals noch weit entfernt. Tatsächlich sind die aktuellen 17 ungeschlagenen Spiele – eine Saisonhälfte ohne Niederlage – etwas nahezu Einmaliges. Hält die Serie auch am Samstag gegen den FC Hagen/Uthlede, würde Atlas den Rekord der SVG Göttingen für die eingleisige Oberliga einstellen. Die Delmenhorster sind trotzdem nicht Tabellenführer, halten hinter Finanzkrösus VfV Hildesheim aber Relegationsplatz zwei. Im Gespräch erklärt Sportchef Bastian Fuhrken unter anderem, warum es so gut läuft und wo im Stadion für die Regionalliga nachgebessert werden müsste. Fuhrken über..
...die Mannschaft: „Es ist unfassbar, was momentan abläuft. Wir haben alle befürchtet, dass wir nach dem DFB-Pokalspiel gegen Werder in ein Loch fallen. Das Gegenteil ist passiert. Die Jungs brennen auf jedes Spiel. Das Gefüge im Team ist perfekt. Dazu brauchten wir auch kleine Zeichen – dass im Weserstadion zum Beispiel keiner auf die Tribüne musste und alle zusammen auf dem Platz oder der Bank bleiben konnten, war unheimlich wichtig.“
...das Trainerteam Key Riebau und Malte Müller: „Key hat es mit seinen 29 Jahren gut hinbekommen, dass alle mitziehen. Die Jungs lassen sich nichts hinterhertragen, dass die Übungen selbst mit auf- und abgebaut werden, ist selbstverständlich. Malte passt als Co-Trainer wie die Faust aufs Auge, der will jede Woche eigentlich selbst spielen. Er ist eine Vertrauensperson.“
...die Neuzugänge: „Praktisch alle Jungs, die wir geholt haben, haben gezündet. Das ist sensationelles Glück, das man sicher nicht jedes Jahr hat. Ob es Florian Stütz ist, Marek Janssen und Emiljano Mjeshtri im Sturm oder Jan-Niklas Wiese oder jeder andere – sie sind sportlich und menschlich alle Glücksgriffe.“
...die Transferwünsche und die Aufstiegschancen: „Wir haben zwar noch zehn Heim- und nur sieben Auswärtsspiele, aber es wird dennoch kein Zuckerschlecken. Wir haben einen guten Kader. Wenn wir jemanden finden, der keine Eingewöhnung braucht, uns weiterhilft und menschlich passt, sagen wir nicht Nein. Aber wir werden ganz vorsichtig sein. Das Miteinander, das wir gerade haben, darf auf keinen Fall gefährdet werden.“
...das Stadion und die Regionalliga-Anforderungen: „Wir hatten eine Begehung mit dem Norddeutschen Fußball-Verband und der Stadt, die hatte ich schon lange vor diesem Saisonverlauf angeschoben. Ein Relegationsspiel könnte noch nach Oberliga-Anforderungen stattfinden. Was für die Regionalliga zu machen ist, ist nicht unmöglich, aber das Stadion wird dann anders aussehen. Wir brauchen einen Gästeblock mit festen Zäunen. Generell muss das Spielfeld besser geschützt sein. In den Statuten ist festgelegt, dass alle Stehplätze mit einem Zaun von 2,20 Metern Höhe vom Feld abgegrenzt werden müssen. Weil wir nicht alles einzäunen wollen, suchen wir noch nach einer Lösung. Dass wir eine neue Lautsprecheranlage brauchen, hat jetzt keinen überrascht.“
...die Rahmenbedingungen: „Man muss schon ein großes Improvisationstalent haben. Am Dienstag haben die Spieler zum Beispiel erst am Morgen erfahren, wo am Abend trainiert wird – ob auf dem Hockeyplatz oder auf Rasen. Das ist nicht so günstig, wenn man vor der Arbeit seine Sachen packen will. Aber die Jungs wissen den Aufwand zu schätzen, den wir betreiben, um den Betrieb am Laufen zu halten. Im Frühjahr wird auf dem Nebenplatz im Stadion das Flutlicht erneuert, vielleicht bieten sich dann neue Möglichkeiten.“
...die finanzielle Situation: „Wir haben im DFB-Pokal einiges eingenommen, keine Frage. Für die Saison hatten wir aber sowieso ohne dieses Geld geplant, um nicht plötzlich dumm dazustehen, wenn es nicht läuft. Wir können das Geld im Moment gar nicht unbedingt sachgerecht ausgeben.“
...sich selbst: „Die letzte Saison war für mich die anstrengendste und schlimmste überhaupt. Ich habe ständig bis Mitternacht in der Kabine gesessen und Gespräche geführt, es gab überall Baustellen, jeder hat mir sein Leid geklagt – danach gehst du einfach am Stock. Nach dem DFB-Pokalspiel war ich absolut platt und habe mich gefragt, wie es weitergeht. Aber jetzt spüre ich dieses Feuer wieder in mir und im gesamten Vorstand, weil es einfach so irren Spaß macht. Ich sage immer: Je weniger ich zu tun habe, desto besser läuft der Laden. Und im Moment kann ich beim Training auch einfach mal einen Kaffee trinken, das war in der letzten Saison gar nicht möglich. Jetzt bin ich richtig gespannt, was für Höhepunkte es im nächsten Jahr gibt. Eigentlich muss es welche geben – bis jetzt gab es bei Atlas ja in jedem Jahr irgendwas Verrücktes.“