Corona, die UEFA und der SV Atlas Delmenhorst

Corona, die UEFA und der SV Atlas Delmenhorst

17.03.2020

von Daniel Niebuhr

Was die Fußball-Europameisterschaft mit dem SV Atlas Delmenhorst zu tun hat – und welche Folgen ein Abbruch der Oberliga-Saison haben kann.

Was den Coronavirus betrifft, ist die sonst so öffentlichkeitsliebende UEFA doch überraschend kleinlaut. Der europäische Fußball-Verband hat zur Pandemie, die ihren Spielbetrieb gerade lahmlegt, nur zwei relativ kurze Statements auf ihrer Internetseite veröffentlicht, die von der aktuellen Ratlosigkeit zeugen, die allerdings überall herrscht – nicht nur im UEFA-Sitz in Nyon. Am Dienstag wollen sich die 55 Mitgliedsverbände telefonisch beraten; dabei, so hieß es, wird es um sämtliche Wettbewerbe gehen, „einschließlich der Euro 2020“.

Bastian Fuhrken hat zu der Konferenz erwartungsgemäß keine Einladung bekommen, deren Ergebnis könnte aber schwere Folgen für seinen Verein haben, obwohl der nur in der Oberliga spielt. Der SV Atlas um Leistungsfußball-Leiter Fuhrken steckt mitten in einer historisch guten Saison, ist Tabellenzweiter und hat schon jetzt 51 Punkte, was mehr sind als jede andere Delmenhorster Mannschaft in der fünften Liga in den vergangenen 25 Jahren gesammelt hat – und elf Spiele stehen ja noch aus. Ob die stattfinden, steht allerdings in den Sternen, nachdem der Niedersächsische Fußball-Verband alle Begegnungen bis zum 23. März abgesagt hat. Bisher sind davon zwei Atlas-Spiele betroffen – die Auswärtspartie beim SC Spelle-Venhaus vom vergangenen Freitag und das für kommenden Samstag geplante Heimspiel gegen Eintracht Northeim –, kaum jemand geht jedoch davon aus, dass danach schon wieder gespielt wird. „Es wird uns noch länger beschäftigen“, glaubt Fuhrken. „Wenn man sieht, was in anderen Ländern los ist, blüht uns noch so einiges.“

Mit oder ohne EM: 30. Juni ist letzte Deadline

Längst wird spekuliert, ob die Saison regulär zuende gespielt werden kann – und was passiert, wenn nicht. Hier kommt die UEFA ins Spiel, deren Vorzeigeevent, die in zwölf Staaten geplante EM, bisher noch am 12. Juni starten soll. Dieses Turnier ist nicht nur die Deadline für die Eliteligen in Europa, sondern auch für die höchsten Amateurklassen – denn die haben über Pokale und Aufstiegsrunden Berührungspunkte mit den Proficlubs. Laut „Bild“ ist eine Verschiebung der EM, zum Beispiel in den Dezember, ein mögliches Szenario; für Fuhrken wäre das schon fast die einzige Möglichkeit, die Oberliga-Saison zu beenden. „Die EM steht einer Saisonverlängerung noch im Weg“, sagt er. Ohne das Turnier würde man immerhin ein paar Wochen gewinnen, eine zeitliche Grenze gibt es aber dennoch: Am 30. Juni enden die Verträge der meisten Fußballer.

Elf Atlas-Spiele stehen noch im Plan, bei anderen Vereinen sieht es aber noch finsterer aus. Die Kickers aus Emden, die beim Delmenhorster 3:0-Sieg vor 1800 Zuschauern am vergangenen Sonntag letzter Atlas-Gegner waren, müssen noch 15 Mal spielen. „Das ist brutal“, findet Fuhrken. „Wenn wir jetzt noch fünf oder sechs Wochen Pause machen, kann man sich ausrechnen, dass das kaum noch zu machen ist.“

Keine Sorge um Lohn für starke Saison

Allerdings will Fuhrken noch nicht spekulieren, wie eine unvollständige Saison gewertet werden könnte – obwohl sein Verein dann ein interessanter Fall wäre. Wenn es keine weiteren Spiele mehr gäbe und der letzte Stand zählt, wäre Atlas Vizemeister und dürfte Relegationsspiele gegen den Regionalliga-16. Altona 93 austragen. Allerdings leidet die Aussagekraft der Tabelle darunter, dass die Vereine unterschiedlich viele Spiele ausgetragen haben. Die Idee, nur die Hinrunde zu werten, wird ebenfalls schwer umsetzbar – weil sie durch Spielausfälle technisch gesehen noch gar nicht beendet wurde. Ein weiteres Szenario wäre es, auf Absteiger zu verzichten, Mannschaften auf Aufstiegsplätzen aber aufsteigen zu lassen. In jedem Fall fürchtet Fuhrken nicht, dass die starken Auftritte seiner Mannschaft am Ende – zum Beispiel durch die Annullierung der gesamten Saison – wertlos sein könnten: „Ich denke nicht, dass wir uns darum Sorgen machen sollten.“

Es drohen Verluste durch fehlende Heimspiele

Ein Abbruch hätte durch fehlende Heimspiele aber finanzielle Folgen für alle Vereine. Die Zuschauereinnahmen sind ein zentraler Teil im Etat – und Atlas ist mit mehr als 1000 Fans im Schnitt zusammen mit Spitzenreiter VfV Hildesheim Zuschauerkrösus. Sechs Spiele würden den Delmenhorstern fehlen, sie haben allerdings sechsstellige Einnahmen aus dem DFB-Pokal-Spiel gegen Werder Bremen auf der Habenseite, die in dieser Höhe nicht eingeplant waren. „Man kann fragen, wen man will; wenn Zuschauereinnahmen wegfallen, ist das für jeden Verein schmerzhaft“, sagt Fuhrken. Bei manchen kann es gar existenzbedrohend sein, der DFB hat deshalb finanzielle Hilfen in Aussicht gestellt.

Ob und wie es weitergeht, wird ebenfalls der Dachverband entscheiden, Fuhrken vermutet, dass die Landesverbände dann nachziehen. Wie bei allen anderen Oberligisten ruht das Training bei Atlas, was für den Oberliga-Kader aber nur bedingt gilt. Denn die Spieler halten sich individuell fit, Trainer Key Riebau hat dazu Trainingspläne verteilt. „Wir setzten da auf die Bereitschaft jedes Einzelnen“, sagt Fuhrken. „Wenn es positive Signale von den Behörden gibt, werden wir das Training auch wieder aufnehmen. Wir richten uns da nach den offiziellen Empfehlungen.“

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