Ein Bericht vom
von Nico Nadig
Die Stadt Delmenhorst genießt nicht gerade einen hervorragenden Ruf. In der jüngeren Vergangenheit wurde sie jedenfalls eher mit negativen Schlagzeilen bedacht. Wie etwa vor wenigen Wochen, als das Institut der deutschen Wirtschaft sein Regionalranking bezüglich der Wohlstandsentwicklung veröffentlichte: Delmenhorst belegte hier Platz 395 von 401. Einen Aufwärtstrend in Sachen Image und Wirtschaft einzuläuten, hat sich nun der zukünftige Regionalligist SV Atlas Delmenhorst zur Aufgabe gemacht. Stefan Keller, Atlas-Vorstand für Vertrieb und Marketing, sagt:
„Wir stimmen da nicht ein, dass Delmenhorst irgendeine Stadt zwischen Bremen und Oldenburg ist, aus der ohnehin nur alle rausfahren.“
Das Ziel ist es laut Keller, dafür zu sorgen, dass Delmenhorst in der Metropolregion Bremen-Oldenburg anders etabliert wird. „Es kann nicht sein, dass eine Stadt mit 80.000 Einwohnern unsichtbar ist. Wir wollen in der Saison viel dafür tun, dass Delmenhorst positiv genannt wird.“ Ein ambitioniertes Ziel. Und da stellt sich zwangsläufig die Frage, ob ein Regionalligist – also ein Viertligist – überhaupt einen positiven Effekt auf Image und Wirtschaft einer Stadt haben kann? Nun, wenn es nach Keller geht, dann offensichtlich ja: „Ein Regionalligist kann schon einen Effekt haben. Wir haben in der Spitze mediale Reichweiten von mehreren Zehntausend Personen. Da muss also etwas sein.“
Dass der SVA wirklich das Potenzial besitzt, um einen Aufwärtstrend für Delmenhorst einzuläuten, davon hat der 10. August des zurückliegenden Jahres Keller letztendlich vollends überzeugt. Das DFB-Pokalspiel im Weserstadion gegen den SV Werden Bremen (1:6) bezeichnet er als Aha-Erlebnis. „Als wir nach dem Abpfiff über den Rasen gelaufen sind und mehr als zehntausend Menschen gesungen haben ‚Wir sind alles Delmenhorster Jungs‘. In diesem Moment dachte man sich schon, dass aus diesem ganzen Komplex doch mehr herauszuholen sein muss“, berichtet Keller.
Wie soll das aber genau umgesetzt werden? Allein mit den Erfolgen und Leistungen auf dem Fußballplatz wird das schließlich kaum gelingen. Keller erklärt: „Atlas ist aktuell vermutlich das bekannteste Produkt der Stadt. Das wollen wir verstetigen, um Synergien entstehen zu lassen und ein Netzwerk aufzubauen. Der SV Atlas soll ein Kumulationspunkt für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft werden.“ Allein um Sponsorengelder zu generieren, schafft Atlas dieses Netzwerk laut Keller dabei nicht. Darin sehe man ohnehin nur einen Einmaleffekt. „Das Motto ‚Wir für Delmenhorst‘ meinen wir sehr ernst. Natürlich geht es auch darum, unseren eigenen sportlichen Erfolg zu fördern. Aber es gibt Dinge, die wir unterstützen und entwickeln wollen“, betont Keller.
So sind etwa Sonderveranstaltungen unabhängig von den Spieltagen geplant, bei denen Themen aus der Gesellschaft und Wirtschaft diskutiert werden sollen. „So lernen sich Menschen kennen und können sich gegenseitig unterstützen, was zu einem Aufwärtstrend führen kann“, erklärt das Vorstandsmitglied. Außerdem kann man sich innerhalb des Clubs vorstellen, irgendwann als Namensgeber für kulturelle Projekte zu fungieren. „Wir scheuen uns nicht davor, Verantwortung zu übernehmen. Es geht nicht nur um Atlas, sondern um Delmenhorst“, betont Keller und erklärt weiter: „Wir wollen sympathisch und leistungsorientiert auftreten. Diese Imagefaktoren sollen irgendwann auf die gesamte Stadt Delmenhorst transportiert werden.“
Keller sieht im SV Atlas aber eben nicht nur einen Imageträger und einen Treffpunkt, sondern auch einen Verein, der die Wirtschaft unmittelbar fördern kann. Nämlich als Werbegesicht. „Mittlerweile kommen sogar Unternehmen aus Bremen auf uns zu, weil sie mehr Interessen an Delmenhorst haben“, berichtet er. Für Unternehmen aus Delmenhorst diene der Club dagegen oftmals als Plattform, um in der Region Bremen- Oldenburg sichtbarer zu werden. Dabei versuche man auch immer alles, um die Sponsoren passend darzustellen und frage sich, wie man diese als Verein unterstützen könne. Keller: „In Zeiten des Corona-Lockdowns haben wir dann beispielsweise unsere Social-Media-Kanäle für unsere Sponsoren geöffnet, damit diese ihre Produkte vermarkten können.“
Titelbild: Das Aha-Erlebnis: Zehntausende Fußball-Fans jubelten dem SV Atlas Delmenhorst nach dem DFB-Pokalspiel am 10. August 2019 im Weserstadion zu. Stefan Keller möchte das positive Image nutzen, um die Wirtschaft in der Stadt zu stärken. | Foto: Rolf Tobis