Für Club-Urgesteine eine Herzenssache

Für Club-Urgesteine eine Herzenssache

03.10.2020

Ein Bericht vom

von Nico Nadig

Florian Urbainski und Musa Karli sind die dienstältesten Spieler des Fußball-Regionalligisten SV Atlas Delmenhorst. Sie schauen auf die Lage des Clubs und die Partie beim VfV Borussia Hildesheim.

Rückblick in den August 2014: Im Delmenhorster Stadion hat der Schiedsrichter gerade die erste Halbzeit des Bezirksliga-Duells zwischen dem SV Atlas Delmenhorst und dem TSV Ganderkesee abgepfiffen. Während der Pause verkündeten die SVA-Verantwortlichen eine besondere Nachricht: Musa Karli kehrt mit 99 Regionalliga-Partien in der Vita in seine Heimstadt zurück. Eine Nachricht, die für Begeisterung sorgte. Eine Nachricht, die mit einem Versprechen verbunden ist: "Mein 100. Spiel in der Regionalliga werde ich für den SV Atlas machen", sagte der damals 24-Jährige.

Musa Karli steht vor 100. Regionalligaspiel

Zurück ins Jetzt: Der SVA hat mittlerweile die ersten vier Spiele in der Regionalliga bestritten. Karli steht allerdings noch immer bei 99 Partien. Eine aufgeplatzte Narbe warf ihn nach einer hervorragenden Vorbereitung zurück. Doch an diesem Sonntag (Anpfiff:15 Uhr) könnte er beim VfV Hildesheim sein Versprechen einlösen, das sich vor sechs Jahren noch völlig utopisch anhörte. "Ich hatte damals bei der Aussage schon ein Fünkchen Hoffnung, weil ich gesehen habe, was hier möglich ist. Drei Aufstiege in fünf Jahren sind aber brutal. Einfach überragend, dass es wirklich so gekommen ist", sagt der heute 30-Jährige. 

In dieser Zeit hat sich beim SVA viel verändert. Und damit ist nicht nur die Klassenzugehörigkeit gemeint. Der Verein ist gewachsen. Außerdem sind Spieler gekommen und wurden wieder verabschiedet. Mit Ausnahme von zwei Akteuren: Musa Karli und Torhüter Florian Urbainski, der sich dem SVA 2015 anschloss. 

Nur die Punkte zählen 

In drei von vier Partien hat das Team von Atlas-Trainer Key Riebau überzeugt, was sich jedoch nicht unbedingt in der Tabelle widerspiegelt. Dort steht der SVA nämlich mit zwei Zählern auf dem vorletzten Rang – für gute Leistungen gibt es eben keine Punkte. "Wir sind momentan in einer Phase, in der wir nicht in Schönheit sterben können. Wir müssen unser Glück erzwingen", sagt Urbainski und meint weiter: "In der Liga sind wir angekommen und wir wissen, was wir können. Ab jetzt zählt aber nur noch die nackte Wahrheit." Dass in den nächsten Wochen einige Zähler auf das Konto des SVA wandern werden, davon geht der Routinier fest aus. Schließlich ziehe die Mannschaft an einem Strang. 

Für Urbainski war das Erreichen der Regionalliga übrigens das große Ziel. Zumindest nachdem klar gewesen war, dass es mit einer Profikarriere nicht klappen wird. "Man muss ja auch ehrlich zu sich sein", betont der 30-Jährige. Dass er es schon erreicht hat, war bei seinem Wechsel zum SVA vor fünf Jahren nicht unbedingt absehbar. Damals hatten sich es die Verantwortlichen noch zur Aufgabe gemacht, den Bezirksligisten so schnell wie möglich in die Oberliga zu bringen. "Es waren wirklich sehr erfolgreiche Jahre. Wenn ich heute manchmal mit Musa zum Beispiel über unsere Kleidung vor zwei oder drei Jahre quatsche, wird mir bewusst, dass wir vor nicht allzu langer Zeit noch drei, vier Klassen tiefer gekickt haben", erzählt Urbainski. 

Unzählige Erinnerungen

Klar, dass die beiden dienstältesten Altas-Akteure angesichts dieser rasanten Entwicklung viel erlebt haben. Dem SVA-Schlussmann bleibt beispielsweise das zweite Jahr in der Oberliga in besonderer Erinnerung, weil es eben alles bot, was der Fußball so zu bieten hat. Der SVA startete als Außenseiter in die Saison, kämpfte gegen den Abstieg, wechselte den Trainer und gewann den Niedersachsenpokal. UrbainskI:

„Für die Weiterentwicklung war das Jahr sehr wichtig. Die Verantwortlichen haben da gemerkt, dass nicht immer alles Friede, Freude, Eierkuchen sein kann.“

Für Musa Karli hat der Aufstieg in die Oberliga dagegen eine besonders emotionale Note. Schließlich glückte ihm dieser mit seinem Bruder Daniel Karli und seinem besten Freund Tuma Mutlu. "Das war schon außergewöhnlich", sagt Karli, ehe er die Entwicklung des SVA treffend beschreibt: "In der Bezirksliga ist die Mannschaft noch versammelt nach der Partie an die Bierbude gegangen. Heute achten wir darauf, wie wir uns aufgrund unserer Reichweite verhalten und was wir essen und trinken." Um in der Regionalliga nochmals richtig anzugreifen, hat Karli übrigens seine Ernährung umgestellt.

Warten auf das Freistoßtor 

Der Spielmacher will noch mit dem SVA SIege feiern. "Ich habe absolut Bock und möchte sehen, wie der weitere Weg des SVA ist", sagt Karli. Und vielleicht verzückt er die Zuschauer ja auch nochmals mit einem seiner legendären Freistoßtore. Torhüter Florian Urbainski würde sich darüber allemal freuen. "Ich habe mir die erste Bezirksliga-Saison angeguckt, da hat Musa viele solche Treffer erzielt. Dann bin ich gekommen und er hat nicht mehr getroffen", erzählt Urbainski lachend. Eine kleine Spitze, die Karli dem Schlussmann wohl kaum übelnehmen wird. 

Foto: Rolf Tobis


Schließlich kennen die beiden sich schon seit mehr als 16 Jahren und pflegen ein freundschaftliches Verhältnis. "Musa und ich sprechen miteinander über Probleme und geben uns danach die Hand. Er war einer der ersten Männer beim SVA und ist ein Aushängeschild", sagt Urbainski. Karli versucht laut des Schlussmanns immer, den Neuzugängen die Delmenhorster Mentalität zu zeigen. Urbainski: 

„Denn nur weil jemand woanders herkommt, heißt das ja nicht, dass er kein Delmenhorster Junge werden kann.“

 

Ähnlich lobende Worte hat auch Karli für seinen Weggefährten über. Urbainski lebe den SVA wie kein anderer. "Wenn man über Atlas spricht, dann muss man Benno erwähnen", betont er. Schließlich gibt der Schlussmann nicht nur auf dem Platz 100 Prozent, sondern packt auch abseits des Feldes mit an. Beim Aufbau der neuen Stahlrohrtribünen, von denen am Donnerstag weitere aufgebaut wurden, half er beispielsweise mit. "Mir fällt da ja kein Zacken aus der Krone. Und ich beschäftige mich eh 24/7 mit Atlas", sagt Urbainski.

Karriereende? Noch weit weg

Unstrittig ist, dass sowohl Karli als auch Urbainski zu den prägenden Gesichtern des SVA gehören. Aber wie lange werden sie die Geschichte noch aktiv mitschreiben? Schließlich sind beide mittlerweile 30 Jahre alt und haben andere Verpflichtungen. "Puh, muss ich jetzt drüber nachdenken, wann ich irgendwann das Feld verlasse. Es können noch viele Spiele kommen", sagt Urbainski lachend. 

Unterdessen gesteht Karli, dass er sich bereits mal mit dem Ende seiner Laufbahn beschäftigt hat. Ein Thema ist das aktuell aber nicht mehr. Er habe viel Spaß mit der Mannschaft. Und nicht nur das Kicken mit dem Team bereitet ihm Freude, sondern auch das Spielen für Atlas. Denn den Verein hat er ins Herz geschlossen. Karli: 

„Mit den Menschen hier macht es wirklich riesig Spaß. Atlas ist für mich mehr als nur ein Verein.“

Atlas-Trainer lobt Gastgeber Hildesheim

Karli und Urbainski sind mit ihrer Mannschaft am Sonntag bei einem Mitaufsteiger zu Gast. Die Hildesheimer beendeten die coronabedingt abgebrochene Saison 2019/20 als souveräner Meister. Ihr Punktedurchschnitt pro Spiel, nach dem die Abschlusstabelle erstellt worden war, lag bei 2,51. Ein Schnitt von 2,22 Zählern hatte dem SV Atlas die Vizemeisterschaft und den Sprung in die vierthöchste Liga beschert. Der VfV ist mit sieben Zugängen in die Saison 2020/21 gegangen, sieben Akteure haben die Mannschaft zuvor verlassen. "Das ist ein gut eingespieltes Team", sagt Riebau über den Gastgeber, der nach vier Partien vier Punkte auf dem Konto hat: "In der Mannschaft steckt viel Qualität. Sie spielt sehr kompakt." Das gelte für Situationen, in denen sie vorne anläuft ebenso wie für Phasen, in denen sie defensiver agiert, um über die schnellen Offensivkräfte kontern zu können. „Wir müssen versuchen, in Ballbesitz mit viel Selbstvertrauen zu spielen“, erklärt der Atlas-Coach, was seine Spieler dagegensetzen sollen: "Wir müssen sehen, dass wir in die Breite spielen und Überzahlsituartionen schaffen." Zudem sei es wichtig, Ballgewinne zu schnellen Angriffen zu nutzen.

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