Ein Bericht vom
von Nico Nadig
Titelbild: Rolf Tobis
Bildergalerie und Video: André Klattenhoff / SV Atlas
Der Schiedsrichter hatte die Partie noch gar nicht angepfiffen, da verblüffte der Fußball-Regionalligist SV Atlas Delmenhorst die rund 250 Zuschauer im Stadion bereits: Gegen den Mit-Aufsteiger Teutonia Ottensen formierten sich die Blau-Gelben vor dem Anstoß nicht in ihrer sonst üblichen taktischen Ausrichtung mit einer Viererkette in der Abwehr. Stattdessen nutzte Coach Key Riebau nämlich das Testspiel, um ein neues System auszuprobieren. Und seine Mannen wussten in dem 3-1-4-2 durchaus zu überzeugen, immerhin gewannen sie die Partie gegen die Hamburger verdient mit 1:0 (0:0).
Wie Riebau im Anschluss an die Begegnung verriet, hat er dieses neue System mit seiner Mannschaft im Trainingslager einstudiert. Mit dem ersten Test unter Wettkampfbedingungen zeigte er sich dann auch zufrieden. Riebau:"Über 65, 75 Minuten haben wir zweieinhalb Chancen zugelassen, wobei da eine hundertprozentige dabei war." Ob er seine Mannschaft auch im ersten Pflichtspiel am 4. September gegen die U23 von Hannover 96 in dem neuen System auflaufen lassen wird, verriet der Coach dagegen - selbstverständlich - noch nicht.
Dass Riebau ein neues System mit einer Dreierkette testet, ist dabei durchaus verständlich. Mit Karlis Plendiskis, Flodyn Baloki und Neuzugang Kostadin Velkov hat er drei starke Innenverteidiger, die zudem auch ordentlich Regionalliga-Erfahrung mitbringen. Diesen drei Akteuren vertraute er auch zu Beginn gegen Teutonia. In den ersten Minuten wackelte die Defensive dabei noch, was aber nicht unbedingt am System lag: In Minute sieben knallte das Leder etwa nach einem Teutonia-Eckball gegen die Latte. Drei Minuten später zischte der Ball nach einem schlechten Klärungsversuch am SVA-Gehäuse vorbei. Doch in der Folge ließ die Atlas-Hintermannschaft kaum noch etwas zu und die Vorteile der neuen Ausrichtung wurden zunehmend sichtbar.
Denn das System mit drei Innenverteidigern bietet Atlas gleich mehrere Vorteile: Zum einen ist der Spielaufbau, den gegen Teutonia alle drei Akteure übernahmen, recht variabel. So besteht etwa die Möglichkeit, dass die Außenbahnspieler recht weit hochschieben und eingesetzt werden. Gleichzeitig kann das Spiel aber auch durch das Mittelfeld-Zentrum – gegen Teutonia vor allem über Florian Stütz – aufgezogen werden. Ist dann genügend Bewegung in den Offensivreihen entstehen Räume und Lücken.
Zum anderen bietet die Dreierkette auch eine hohe Flexibilität bei gegnerischem Ballbesitz: schnell wird daraus eine Vierer- oder Fünferkette. In Durchgang eins passierte Letztgenanntes, nach der Pause rückte meist der Außenbahnspieler auf der ballfernen Seite ein, sodass vier Mann die letzte Reihe bildeten. Mit beiden Varianten hielt die Riebau-Elf Teutonia weitgehend vom Tor fern. Riebau: "Wir haben die Räume wirklich gut enggemacht." Vor der Abwehr hinterließ übrigens Kapitän Nick Köster als Sechser zwischen den Reihen einen guten Eindruck. Er fing Bälle ab und klebte bei Umschaltsituationen sofort am Gegenspieler.
Eine entscheidende Rolle in einem solchen 3-1-4-2- beziehungsweise 3-5-2- System kommt den beiden Außenbahnspielern zu: In Durchgang eins beackerte Oliver Rauh die linke Seite, nach der Pause übernahm Julian Harings die Rolle. Auf der rechten Außenbahn spielte dagegen Neuzugang Philipp Eggerslüß durch. Allen drei merkte man dabei an, dass sie sich noch nicht zu 100 Prozent in dem neuen System zurechtfinden. "Die Jungs müssen sich bewusster werden, ob sie in der Fünferkette beim Mann bleiben oder vorrücken", sagte Riebau. Gegen Teutonia interpretierten Eggerslüß, Harings und Rauh ihre Rolle meist zu defensiv, wagten sich nur selten nach vorne.
Doch genau darin liegt die Aufgabe der Außenbahnspieler in einem solchen System. Sie müssen auf ihre Seite offensiv wirbeln und gleichzeitig defensiv ackern. Riebau: "Wir haben in der Halbzeit auch angesprochen, dass die Abstände nicht stimmen. Aber die Jungs müssen sich auch erst noch dran gewöhnen, da wir nicht auf die volle Breite trainieren können." Lediglich eine Halbchance erarbeiteten sich seine Mannen über die Außenpositionen, doch Harings Flanke in Minute 75 fing ein Teutonia-Abwehrspieler noch rechtzeitig ab.
Das Spiel durch das Zentrum funktionierte dagegen schon besser bei den Blau-Gelben, wenngleich Torchancen in Durchgang eins Mangelware blieben. Die beste Möglichkeit hatte dabei noch Angreifer Dimitrios Ferfelis nach 32 Minuten: Sein Sturmpartner Samuel Adeniran wich auf die rechte Seite aus und flankte den Ball mit links in den Strafraum. Hier stieg Ferfelis am höchsten, doch sein Kopfball sauste am Tor vorbei. Übrigens: Ferfelis und Adeniran notierten zwar nicht viele Chancen, deuteten aber an, dass sie das Potenzial zu einem gefährlichen Duo besitzen. Denn beide agierten zwar körperlich robust, bewiesen aber gleichzeitig ihre Dynamik.
Und den zwei Neuzugängen sollte man schließlich noch etwas Zeit einräumen. Gerade Adeniran, der erst zu Beginn der vergangenen Woche verpflichtet wurde. "Ich wollte Samuel unbedingt haben. Da hat Bastian Fuhrken als Sportvorstand einen guten Job gemacht", meinte Riebau und ergänzte: "Es ist wichtig, dass wir Samuel jetzt integrieren, dann wird das sehr positiv für uns."
Nach der Pause vertraute Riebau im Angriff auf Marco Prießner und Tom Schmidt. Letztgenannter hatte dann auch entscheidenden Anteil an der Führung: Schmidt bediente Janssen, der nach einer Stunde zum 1:0 einschob. Nur drei Minuten später hätte Atlas auf 2:0 erhöhen können. Erneut brach Janssen durch, ehe ihn Teutonia-Schlussmann Yannick Joschka Zummack zu Fall brachte. Der Torhüter machte seinen Fauxpas jedoch wieder gut und wehrte den schwachen Elfmeter von Stütz ab.
In diesem zweiten Durchgang schalteten die Blau-Gelben immer wieder schnell um, jedoch spielten sie die folgenden Überzahlsituationen nicht clever genug aus. Wie etwa in Minute 79: Eggerslüß schickte Schmidt. Dieser hätte die Möglichkeit gehabt, den Ball nochmals querzulegen, schloss stattdessen aber lieber selbst ab und verfehlte das Gehäuse doch deutlich. "Wir haben gut umgeschaltet, hätten aber auch einfach mehr Erfolg vorne haben können, wenn wir manchmal direkter gespielt hätten", meinte Riebau und schickte hinterher: "Aber ich bin zufrieden."
SV Atlas
Teutonia 05 Ottensen
Testspiel, Stadion Delmenhorst