Es gehört zu den Seltsamkeiten des SV Atlas Delmenhorst, dass der Club zwar technisch gesehen erst 2012 gegründet wurde, als Nachfolger seines zehn Jahre zuvor pleite gegangenen Namensvetters aber eine historische Last mit sich herumschleppt wie kaum ein anderer Fußball-Oberligist. Der alte SV Atlas spielte jahrelang drittklassig; der neue ist in seiner relativ kurzen Lebenszeit schon viermal aufgestiegen und in allen Ligen, die er beehrt hat, Zuschauermagnet.
Einem Trainer kann da schon schwindelig werden, besonders, wenn er nach drei Monaten im Amt noch kein Pflichtspiel gewonnen hat. Die große Atlas-Tradition hat für den aktuellen Übungsleiter Olaf Blancke allerdings auch einen großen Vorteil: Selbst wenn es am Sonntag ab 15 Uhr beim MTV Gifhorn auch im fünften Versuch 2019 nicht reichen sollte, droht noch längst kein Negativrekord. „Die Jungs sind in der letzten Saison schon aus einer längeren Negativserie herausgekommen“, sagt Blancke. In der Tat blieb der neue SV Atlas im späten Frühjahr 2018 acht Spiele lang sieglos, vom alten SV Atlas bei seinen Abstiegen ganz zu schweigen.
Noch noch drei Punkte Vorsprung
Dennoch wächst der Druck von Woche zu Woche, nachdem der Vorsprung der Mannschaft auf die Abstiegszone von sieben Punkten im November auf mittlerweile drei geschrumpft ist – obwohl sich die Zahl der Absteiger durch den angekündigten Rückzug von Eintracht Braunschweig II in der Zwischenzeit von vier auf drei reduziert hat. Blancke hätte vermutlich selbst nicht erwartet, dass der Weg zu seinem ersten Sieg so lang sein würde. „Die Unruhe ist da. Das ist in unserer Lage auch völlig normal“, sagt er. Speziell nach der grausigen Leistung beim 0:3 gegen Arminia Hannover. „Man kann sich vorstellen, dass man da mit langen Gesichtern in die Woche geht. Das gilt natürlich auch für mich persönlich“, bekennt Blancke. Seit der Analyse am Dienstag seien die Köpfe aber wieder oben.
Gifhorn rätselt über Trainer-Zukunft
Die Lage könnte allerdings spontan brenzliger werden, wenn Atlas am Sonntag verlieren sollte. Gifhorn steht auf Platz 13, also gerade noch am rettenden Ufer, und könnte an den Delmenhorstern vorbeiziehen. Der MTV hat 2019 zwar schon zweimal gewonnen, zuletzt aber dreimal nach schwachen Auftritten verloren. Im Verein, übrigens ebenfalls ein ehemaliger Drittligist, wird auch über die Zukunft von Trainer Michael Spies gerätselt, dessen Vertrag nach der Saison ausläuft. Der Ex-Profi bat um Geduld, mit Verweis auf den laufenden Abstiegskampf.
Schmidt und Prießner zurück
Blancke muss sich solche Gedanken noch nicht machen, er ist noch bis 2020 an Delmenhorst gebunden. Der Abstiegskampf beschäftigt ihn aber ebenso. „Natürlich ist jetzt jedes Spiel enorm wichtig. Gegen einen direkten Konkurrenten, der uns überholen kann, vielleicht noch mehr. Wir wollen auf keinen Fall weiter unten reinrutschen“, sagt er. Andererseits setzt er den Abstiegssorgen eine große Portion Optimismus entgegen, geschürt auch durch die Rückkehr des zuletzt verletzten Tom Schmidt und des zuletzt rot-gesperrten Marco Prießner. „Ich bin kein Mensch, der ständig denkt, was bei einer Niederlage alles passieren kann“, erzählt er. „Ich denke eher, was wir erreichen können, wenn wir gewinnen.“ Was am Sonntag vor allem etwas Abstand ist zu den gefährlichen Gebieten der Tabelle. „Wenn wir unser erstes Erfolgserlebnis haben, wird alles etwas leichter von der Hand gehen“, glaubt Blancke.