„Da darf ich niemals rausgehen“

Artikel vom 6. November 2025

Nach seinem zweiten Platzverweis in der laufenden Saison stellt sich Atlas-Torwart Damian Schobert der Kritik

Artikel aus dem Delmenhorster Kurier vom 5.11.2025

Text:Christoph Bähr; Foto: Ingo Möllers

Auf dem Platz ist Damian Schobert meist der Lauteste. Der Torwart des SV Atlas Delmenhorst dirigiert seine Abwehr und feuert die Mitspieler an. Keine Frage: Der 26-Jährige geht im Spiel voran, doch auch abseits des Feldes versteckt er sich nicht. Nach Schoberts Roter Karte im Spitzenspiel der Fußball-Oberliga gegen Germania Egestorf-Langreder (3:2) ärgerten sich einige Fans über den Schlussmann. Bei Social Media waren mehrere kritische Kommentare zu lesen. Natürlich hat Schobert das auch selbst mitbekommen, duckt sich nun aber nicht weg, sondern stellt sich der Kritik. „Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich mich persönlich mehr darüber ärgere als jeder andere. Ich habe immer den Anspruch, der Mannschaft zu helfen und fehlerlos zu spielen“, betont der 26-Jährige im Gespräch mit dem DELMENHORSTER KURIER.

Für Schobert ist es der zweite Platzverweis der laufenden Spielzeit, auch beim 2:0-Erfolg über den Lüneburger SK flog er vom Feld. In der vergangenen Saison sah er einmal die Rote Karte. In allen drei Fällen wollte der Atlas-Torwart außerhalb des Strafraums klären und leistete sich dann ein Foul. Nach Ausreden sucht Schobert nicht, er zeigt sich selbstkritisch: „Das war jetzt der zweite Platzverweis in dieser Saison, der unnötig war. In der Situation gegen Egestorf-Langreder darf ich niemals rausgehen. Ein Verteidiger ist mit dran. Es sind 40 Meter zum Tor. Da muss ich zurückbleiben.“ Das offensive Torwartspiel ist eine seiner großen Stärken. Da der SV Atlas oft weit nach vorne schiebt, um hoch zu pressen, setzt Trainer Key Riebau darauf, dass sein Keeper weite Bälle des Gegners hinter die Abwehr abläuft. Das klappt oft gut, aber wenn sich Schobert mal verschätzt, führt das meistens direkt zu einer Roten Karte oder zu einem Gegentor wie beim 1:1 gegen den MTV Wolfenbüttel Ende August.

Schobert will sein Spiel verändern

Die Rote Karte gegen Egestorf-Langreder soll nun eine Art Wendepunkt sein. Schobert will sein Torwartspiel etwas verändern, ohne sich aber seiner Stärken zu berauben. „Ich habe schon mit dem Trainer gesprochen. Wir werden daran arbeiten, das Risiko besser abzuwägen. Es geht um die Frage, wann man rausgeht und wann man eben nicht rausgeht. Eventuell muss ich künftig eben auch mal eher im Sechzehner bleiben“, sagt die Delmenhorster Nummer eins.

Etwas Zeit hat Schobert nun, um zu reflektieren und im Training an der Entscheidungsfindung zu arbeiten. Nach seiner Roten Karte im Lüneburg-Spiel wurde er für eine Partie gesperrt. Wie lange der Torwart nun zuschauen muss, steht noch nicht fest. Ersatzkeeper Kilian Sanden rückt solange zwischen die Pfosten, doch Schobert soll nach jetzigem Stand die Nummer eins bleiben. Während der Zwangspause will er einige Gespräche mit Chefcoach Riebau und Torwart-Trainer Eike Bansen führen. „Wir werden darüber sprechen und daran arbeiten. Nach der Sperre werden wir einen guten Weg finden, um der Mannschaft mit alter Stärke zu helfen. Ich will immer mit Leistung und Lautstärke mein Bestes fürs Team geben“, betont Schobert.

In Lüneburg und zuletzt gegen Egestorf-Langreder halfen wiederum die Teamkollegen ihrem Schlussmann. Trotz Unterzahl gewann Atlas beide Partien. Nach dem 3:2 im Topspiel gegen Egestorf-Langreder habe er sich sofort bei seinen Mitspielern bedankt, erzählt Schobert. „Was über allem steht, ist, dass die Mannschaft nach der Roten Karte einen überragenden Fight hingelegt hat. Das habe ich den Jungs auch gesagt. Das war überragend und eine unglaubliche Teamleistung.“ Für seinen Vertreter Sanden, der in der zweiten Halbzeit mit einer starken Parade den Sieg sicherte, gab es ebenfalls Lob. „Kilian hat es super gemacht und uns in der Schlussphase gerettet. So muss es sein“, sagt Schobert. In den sozialen Netzwerken finden sich einige Atlas-Fans, die bereits fordern, dass Sanden künftig die Nummer eins sein sollte. Schobert sei „nicht mehr tragbar“, heißt es etwa in einem Kommentar auf der Facebook-Seite des SV Atlas. Seine Ausflüge seien „eine Katastrophe“, schreibt ein anderer.

Coach Riebau schätzt Schobert

Die Atlas-Verantwortlichen wissen allerdings, was sie an ihrem regionalligaerfahrenen Torwart haben, der als Führungsspieler zudem zum Mannschaftsrat gehört. Schobert, der 2023 vom Bremer SV nach Delmenhorst wechselte, hat den Blau-Gelben auch schon viele Punkte gesichert. In zehn Oberliga-Partien (803 Minuten Spielzeit) ließ Schobert in der laufenden Saison nur neun Gegentore zu und spielte viermal zu null. Beim begeisternden 2:3 im DFB-Pokal gegen Mönchengladbach zeigte der Keeper, dass sein offensives Torwartspiel sogar gegen einen Bundesligisten funktionieren kann. 

Riebau will die Diskussionen um seine Nummer eins möglichst nüchtern angehen. Er hatte in der Vergangenheit bereits betont, dass er Schoberts Spielweise zu schätzen wisse und seinen Torwart nicht verbiegen wolle. „Wir machen weiterhin kein Fass auf. Aber wir müssen die Situation natürlich ansprechen. Ich glaube nicht, dass er da hingehen muss“, sagte der Atlas-Trainer nach dem Egestorf-Spiel. Sportvorstand Bastian Fuhrken hielt fest: „Fakt ist: Drei Rote Karten in fast zwölf Monaten sind zu viel. Das geht nicht. Darüber müssen wir sprechen.“

Gesprächsbedarf sieht Damian Schobert auch selbst. Es dürfte darauf hinauslaufen, dass der Atlas-Keeper künftig zwar weiterhin seine mutige Spielweise einsetzt, um gefährliche Situationen zu klären, aber insgesamt etwas zurückhaltender agiert und nicht mehr bei jedem langen Ball seinen Strafraum verlässt. Sobald seine Sperre abgelaufen ist, kann er beweisen, dass er aus den Fehlern gelernt hat. Bis dahin muss sich der ehrgeizige Schobert in Geduld üben und versuchen, die ärgerliche Rote Karte aus dem Egestorf-Spiel abzuhaken. Keine leichte Aufgabe für jemanden, der immer spielen will und für den Fußball brennt. Schobert: „Das ist schwierig für mich. Ich bin Sportler durch und durch. Ich ärgere mich tierisch über den Platzverweis.“