SV Atlas international

Delmenhorster Multi-Kulti-Startelf sorgt für Vereinsrekord

Artikel vom 12. November 2025

Ein Bericht von Daniel Niebuhr vom Delmenhorster Kreisblatt / Titelbild: imago images/Steinkirch

 

Der SV Atlas Delmenhorst hat so viele Nationen im Kader wie noch nie – und das will etwas heißen. Für die Delmenhorster kickten schon Spieler aus 31 Ländern – viele Namen sind unvergessen. In der Oberliga ist der Rekord aber fast unerreichbar.

Wie der 8. November nach der Abfahrt vom Biener Busch für Alejo Sanchez Romero noch weiterging, ist nicht bekannt – nach allem, was man weiß, hat er an jenem Samstag aber wohl seinen Spaß gehabt. Der Argentinier in Diensten des SV Atlas war mit dem Delmenhorster Fußball-Oberligisten beim SV Holthausen Biene vorstellig geworden und durfte zum zweiten Mal von Beginn an mitwirken, eine Chance, die er nicht ungenutzt ließ. Er machte seinen Job in der Innenverteidigung so gut, dass Torwart Kilian Sanden größtenteils beschäftigungslos blieb. Atlas gewann mit 3:0, eroberte die Tabellenspitze – und Sanchez bekam Lob von allen Seiten.

Nebenbei sorgte der 26-Jährige für ein Novum in der Delmenhorster Vereinsgeschichte: Zum ersten Mal standen Spieler aus sechs Nationen in der Startelf. An der Seite von Sanchez verteidigte der Ire Dylan Burke, im Mittelfeld liefen der Niederländer Dinand Gijsen und der Bosnier Josip Tomic auf, in der Offensive der Finne Tobias Fagerström. Der Rest kam aus Deutschland. „Unser Team ist gerade ziemlich international“, sagt Sportvorstand Bastian Fuhrken.

Internationales Team passt zur Stadt

Tatsächlich sogar so international wie noch nie, obwohl Atlas auf eine mehr als reiche Tradition als Multi-Kulti-Club zurückblicken kann. Der alte SVA, der von 1973 bis 2002 existierte, und der neue, der 2012 gegründet wurde, hatten in den zusammen etwas mehr als vier Jahrzehnten nun schon Spieler aus sage und schreibe 31 Ländern in ihren Reihen. „Das ist schon heftig. Eine coole Zahl“, findet Fuhrken. Einige haben bis heute eine Verbindung zum Club – auch über Bert Drewes vom Atlas-Museum, der zu etlichen Alt-Internationalen noch Kontakt hat und regelmäßig Ehemaligen-Treffen organisiert. Ein internationales Team passe auch zur Stadt, findet Drewes.

Ein Ägypter, ein Millionen-Stürmer und ein Nationalspieler

Viele Namen sind unvergessen. Der Ägypter Helmi Gamil kickte zum Beispiel von 1995 bis 1997 für Atlas, teilweise zeitgleich mit dem Isländer Björgvin Magnusson. Der Grieche Dimitrios Daras, der Engländer William Donougher und der Türke Hakan Cengiz seien stellvertretend für viele andere auch genannt. Der neue SVA hat seinen Teil beigetragen: Unter anderem standen schon ein Palästinenser (Mo Darwisch), ein Lette (Karlis Plendiskis) und ein Kongolese (Drancy Muadi) im Aufgebot. Der prominenteste und teuerste Ex-Delmenhorster ist der US-Amerikaner Samuel Adeniran, der später die nord- und mittelamerikanische Champions League gewann und gerade für den Linzer ASK in der österreichischen Bundesliga stürmt. Er hatte zwischenzeitlich einen Marktwert von 1,5 Millionen Euro, er liegt bei „transfermarkt.de“ mittlerweile bei 900.000 Euro. Der (in Delmenhorst aufgewachsene) Afghane Mustafa Azadzoy ist einzige Akteur, der während seiner Zeit in Delmenhorst A-Nationalspieler war. Am häufigsten vertreten war nicht ganz unerwartet die Türkei mit sieben Spieler.

Irisch-Niederländische WG

Atlas erweitert auch die Historie der Oberliga Niedersachsen. Burke ist der einzige Ire, der je in dieser Klasse aufgelaufen ist – und Fagerström der einzige Finne. Da beide schon mehrfach getroffen haben, sind sie logischerweise auch Rekordtorschützen ihres Landes. Wie die meisten Atlas-Spieler sind sie keine klassischen Legionäre, sondern wohnen in der Stadt – Burke sogar in einer WG mit dem Niederländer Gijsen, Fagerström direkt in der Nachbarschaft.

Auch Tomic lebt mit seiner Frau seit Jahren in Delmenhorst. Sanchez wohnt in Vechta, wo ihn der Sport hin verschlagen hat – aber nicht der eigene. Seine Freundin ist einst als Handballerin nach Vechta gekommen.

Rehdens irrer Rekord

Es ist gut möglich, dass der Maximalwert von sechs Nationen in der Startelf noch häufiger vorkommen wird, in der Oberliga reicht das aber nicht einmal für den Saisonrekord. Niedersachsens höchste Klasse ist internationaler als man annehmen würde – „transfermarkt.de“ zufolge mit Spielern aus 27 Ländern. Darunter sind sogar zwei aktuelle A-Nationalspieler, für ziemlich exotische Teams: Javier Jimenez vom BSV Rehden spielt für Aruba, Leon Perera vom Lüneburger SK für Sri Lanka. Im Kader des SV Wilhelmshaven sind zwölf Nationen vereint, sieben davon waren vor zwei Wochen gegen den SC Spelle-Venhaus in der Anfangsaufstellung vertreten. Der Ligarekord ist auf absehbare Zeit fast unerreichbar: Am 23. April 2024 standen für Rehden beim 1:1 bei Arminia Hannover Kicker aus zehn Ländern von Beginn an auf dem Platz. Kapitän damals übrigens: der erwähnte Josip Tomic.