So arbeitet Scout Benjamin Rabe

So arbeitet Scout Benjamin Rabe

Oberliga 14.08.2020

Ein Bericht vom

von Nico Nadig

Seit einem Jahr ist Benjamin Rabe als Scout des Regionalliga-Aufsteigers SV Atlas Delmenhorst tätig. Er erklärt, wie er potenzielle Neuzugänge findet und die Gegner analysiert.

Auf Benjamin Rabes Handy ploppen zurzeit viele Whatsapp-Benachrichtigungen – und das praktisch zu jeder Tageszeit. Egal ob morgens oder mitten in der Nacht, das Smartphone des Oldenburgers ist praktisch im Dauerbetrieb. Der Grund dafür? Nun, er ist seit einem Jahr als Scout des Fußball-Regionalligisten SV Atlas Delmenhorst tätig. Und aktuell diskutiert er täglich mit dem Trainer Key Riebau, dessen Assistenten Malte Müller und Sportvorstand Bastian Fuhrken über potenzielle Neuzugänge. „Wir haben eine Whatsapp-Gruppe, in der eine wirklich gute Energie herrscht. Da sind schnell über tausend Nachrichten zusammengekommen“, erzählt Rabe grinsend und ergänzt: „Mittlerweile haben wir auf unserer Liste über 120 Spielernamen.“

Den einen passenden Spieler finden

Aus dieser Masse an Akteuren, den einen passenden herauszufiltern, gestaltet sich schwierig. Doch genau darin liegt Rabes Aufgabe. Sobald ein neuer Name auftaucht, startet er mit seinen Recherchen. Er schaut sich dann zuerst Statistiken auf den bekannten Foren wie Fußball.de oder Transfermarkt.de an. In einem nächsten Schritt greift er auf Videomaterial zurück, um den möglichen Neuzugang auf dem Feld zu sehen. „Auf Youtube gibt es manchmal Highlightclips, aber da muss man natürlich auch oft aufpassen. Die Lowlights sind nicht mit dabei“, erzählt Rabe. Nach und nach gelangt der Scout so zu einem Bild über die fußballerischen Stärken des jeweiligen Spielers.

Allein damit ist seine Arbeit aber noch nicht getan. Denn schließlich muss der zukünftige Neuzugang nicht nur fußballerisch zur Philosophie des SV Atlas passen, sondern auch charakterlich. Wie Rabe sich einen Eindruck von der Persönlichkeit verschafft? Ganz einfach: mit Hilfe seines Netzwerkes und Social-Media. „Ich folge den Spielern auf Instagram, schaue mir ihre Profile an und zapfe alle möglichen Kanäle an“, berichtet Rabe. All das macht er neben seinem normalen Job im Unternehmen seines Bruders. Nicht selten setzt er sich dann am späten Abend vor seinen Laptop, durchstöbert Profile und schaut Videos. Rabe: 

„Für mich ist das keine Arbeit. Es macht mir Spaß – und Fußball ist für mich ein Stück weit Entspannung.“

Berater nehmen Kontakt zum SV Atlas auf

Übrigens: Etwa die Hälfte der bisher 120 diskutierten Namen haben die Atlas-Verantwortlichen dabei selbst entdeckt, die anderen wurde ihnen von Beratern angeboten. Rabe: „Wenn man in der Regionalliga spielt, dann werden einem Spieler aus dem In- und sogar Ausland vorgeschlagen.“ Zu denen, die die Blau-Gelben unterdessen selbst auf dem Schirm hatten, gehört das im Sommer verpflichtete Talent Luca Liske. „Bei Luca war klar, dass ich ihn mir mal anschauen muss. Schließlich ist er Delmenhorster. Und weil er beim JFV Nordwest gekickt hat, war es für mich als Oldenburger auch recht leicht, ihn zu scouten“, erklärt er.

Rabe hat (natürlich) selbst Fußball gespielt. Allerdings nicht sehr lange, erzählt er: von der E- bis zur C-Jugend beim VfR Wardenburg. „Das Interesse für Fußball als solches, inklusive all seiner Ergebnisse, Statistiken und Entwicklungen ist jedoch geblieben, begonnen mit der WM 1990 und bis heute anhaltend“, sagt er. Themen wie Taktik, Systeme und Dinge, die über die reinen 90 Minuten hinausgehen, seien dann während der Studienzeit in den Mittelpunkt gerückt. Rabe schloss in Hamburg ein Bachelor-Studium Angewandte Medien mit den Fachrichtungen Sportjournalismus und Sportmanagement ab: 

„Dort entstand die Idee, dass sich auch mein berufliches Ziel in diese Richtung entwickeln könnte.“

Passende Nachwuchstalente aufzuspüren, gehört dabei sicherlich zu den schwierigsten Aufgaben des Scoutes. Bei den erfahrenen Neuzugängen wie Dimitrios Ferfelis oder Kostadin Velkov ist es recht leicht, das Leistungsvermögen einzustufen. Bei Nachwuchstalenten wie Liske handelt es sich dagegen noch um „unfertige“ Spieler. Die Bewertung kann kaum auf Basis erbrachter Leistungen erfolgen. Vielmehr muss Rabe das Potenzial abschätzen. „Um zu bewerten, wie sich der Spieler entwickelt, braucht man dann natürlich Fantasie“, sagt Rabe.

Foto: Rolf Tobis


Kaderplanung noch nicht abgeschlossen

Ist seine Recherche vollends abgeschlossen, stellt er die gesammelten Informationen dem Trainerteam und dem Sportvorstand vor. Gemeinsam diskutieren die vier Atlas-Verantwortlichen – persönlich oder über Whatsapp. „Klar, kommt es da mal zu Meinungsverschiedenheiten. Bislang standen wir aber allesamt geschlossen hinter den Entscheidungen“, betont Rabe. Zu diskutieren wird es in den nächsten Tagen und Wochen sicherlich auch noch was geben. Denn abgeschlossen sind die Kaderplanungen keineswegs.

Aktuell beobachten die Blau-Gelben das Geschehen, das sich aufgrund der Corona-Pandemie durchaus als spannend beschreiben lässt. Viele Vereine sparen an Personalkosten und bedienen sich oftmals in unterklassigen Ligen. Daher hoffen etwa einige Spieler aus der Regionalliga, dass ein Verein aus Liga drei anklopft. Klar ist aber, dass das nicht bei allen Akteuren passieren wird. Genau dann könnte der SVA zuschlagen.

Ausführliche Gegneranalyse

Das Scouting potenzieller Neuzugänge stellt aber nur einen Teilbereich seiner Aufgaben beim SV Atlas dar. Rabe: „Während der Saison analysiere ich den nächsten Gegner.“ Dafür schaut sich der Oldenburger zumeist die vergangenen sechs Spiele des Kontrahenten an. Er achtet auf dessen taktische Grundeinstellung und die Variationen. Außerdem arbeitet er die einzelnen Stärken und Schwächen der Spieler heraus: Wer agiert unter Druck hektisch und unsauber, wer ist spielstark, wer hat Probleme im Aufbau? Nachdem er die Erkenntnisse Trainer Riebau mitgeteilt hat, hilft er ihm beim Entwickeln einer möglichen Spielidee – die endgültige Entscheidung trifft dann aber allein Riebau. “Wenn der Gegner am Ende wirklich so spielt, wie man ihn eingeschätzt hat, geht mein Scouter-Herz auf“, erzählt Rabe.

Benjamin Rabe schaut gespannt nach Wolfsburg

Einen ersten Blick auf die kommenden Gegner in der Regionalliga hat der Scout natürlich auch schon geworfen. Überrascht zeigt er sich davon, dass viele Konkurrenten das Erreichen der Aufstiegsrunde öffentlich als Ziel ausgerufen haben. „Bei einigen Mannschaften hat sich viel verändert, da braucht man etwas Fantasie“, berichtet Rabe und meint weiter: „Spannend wird die Entwicklung der Reserve des VfL Wolfsburg. Da gab es zwar einen Umbruch, aber die jungen Spieler sind ambitioniert.“ Dass bei den Blau-Gelben das Grundgerüst aus der vergangenen Saison dagegen weiterhin steht, darin sieht er einen möglichen Vorteil. Schließlich müssten die Teams in dieser Saison gleich an den ersten Spieltagen abliefern und könnten sich nicht erst einspielen.

Foto: Nico Nadig


Die Chemie stimmt sofort

Sofort eingespielt waren übrigens auch Riebau und Rabe, als der Oldenburger sein Engagement bei den Blau-Gelben in der vergangenen Saison begann. Immerhin war es Riebau selbst, der den 36-Jährigen als Scout vorschlug. Schon beim Regionalligisten SSV Jeddeloh arbeiteten die beiden zusammen, damals war Rabe allerdings noch ausschließlich für die Gegneranalyse zuständig. „Als der SSV in die Regionalliga aufgestiegen ist, wurden wir uns vor dem ersten Spieltag auf der Tribüne gezielt vorgestellt“, erinnert sich Rabe und sagt: „Vom ersten Moment an war das eine glückliche Fügung.“ Er und der ambitionierte Trainer hätten eine ähnliche Idee vom Fußball und sich von Anfang an verstanden.

Für Rabe war nach Riebaus Entlassung beim SSV dann auch klar, dass er sich nun nicht selbst irgendwo bei einem anderen Verein ins Gespräch bringen, sondern Riebaus nächsten Schritt abwarten will. „Als in ihm die Idee gereift ist, zum SVA zu gehen, haben wir sofort über ein Engagement gesprochen“, berichtet der Oldenburger. In den Vertragsgesprächen mit Fuhrken und Präsident Manfred Engelbart ließ Riebau dann eben auch Rabes Namen fallen. Die Atlas-Verantwortlichen luden den Scout zum „Bewerbungsgespräch“ ein.

Spannende Zeit

Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich Rabe schon bestens über den SVA informiert: Das komplett verfügbare Videomaterial der zurückliegenden Saisons schaute er sich an, erstellte von jedem aktuellen Spieler ein Profil. Von alledem erzählte er Fuhrken und Engelbart. „Und dann hat Basti mir direkt danach gesagt, dass ich den Job eigentlich schon vor dem Gespräch hatte. Ich war vorher total nervös“, erinnert sich Rabe lachend und sagt: „Das sind hier wirklich super Typen. Die Zeit bis jetzt war schon total spannend.“

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