Zehn Anekdoten aus zehn Jahren SV Atlas Delmenhorst

Zehn Anekdoten aus zehn Jahren SV Atlas Delmenhorst

 

von Daniel Niebuhr (Onlineportal des Delmenhorster Kreisblatts vom 2.4.22)

Am 4. April 2022 feierte der SV Atlas seinen runden Geburtstag. In den zehn Jahren seit der Wiedergründung hat der Club mit fünf Aufstiegen und dem Niedersachsenpokal eine beispiellose Erfolgsgeschichte hingelegt und den Delmenhorster Fußball wieder überregional bekannt gemacht. Auf seinem Durchmarsch von der Kreisklasse in die Regionalliga hat der Club aber nicht nur Punkte gesammelt, sondern auch unzählige Anekdoten – hier eine Auswahl ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Der erste Versuch: Wie erwähnt feiert der neue SV Atlas den zehnten Geburtstag – eigentlich sollte es aber schon der elfte sein. Die späteren Gründerväter Bastian Fuhrken und Tammo Renken, die für den Nachfolgeverein Eintracht Delmenhorst spielten, beantragten schon 2011 eine Umbenennung des Clubs in SV Atlas. Sie scheiterten hauchdünn am Votum der Mitglieder. „Wir wurden gefragt, ob wir wirklich glauben, dass nur wegen des Namens plötzlich mehr Leute zu den Spielen kommen“, erzählt Fuhrken. Die Antwort gab es etwas mehr als ein Jahr später. Zum ersten Freundschaftsspiel des neuen SV Atlas gegen den VfB Oldenburg II kamen 1400 Zuschauer. Eintracht-Vorsitzender Werner Birnstiel, der 2021 verstorben ist, leistete dennoch entscheidende Starthilfe: Er stimmte einer Ausgliederung der Fußball-Abteilung zu, wodurch Atlas in der 1. Kreisklasse starten durfte – und nicht vier Klassen weiter unten. „Sonst hätte es eine Neugründung nicht gegeben“, bekennt Fuhrken.

Der Schriftführer vom Tresen: Wann immer Atlas im überregionalen Fernsehen spielen darf, erzählen die Kommentatoren nach der Lektüre des Wikipedia-Eintrags die gleiche Geschichte – sie ist aber auch kurios. Als Atlas am 4. April 2012 in der Vereinskneipe Jan Harpstedt wiedergeboren wurde, konnten nicht alle vorgeschriebenen Posten besetzt werden – eine Person fehlte. Also wurde ein Mann, der zufällig an der Theke saß, zum Schriftführer gewählt. Dieser Mann war Björn Waizenegger, der eigentlich in Bremen-Arsten wohnte und an diesem späten Nachmittag mit dem Fahrrad gekommen war. Er war als Soldat in der Kaserne Adelheide stationiert gewesen.

Eskalierendes Bowling: Bei Atlas ist es in den Trainingslagern abends schon immer gesellig zugegangen. 2013, noch in der Kreisklasse, wurde in der ersten Nacht das Stadionheim „zum Partytempel“ (Fuhrken), am nächsten Tag eskalierte ein Bowlingabend – auch weil die Sportliche Leitung um Manager Thomas Hebgen stets für Nachschub sorgte. Als man schließlich Bezirksligist wurde, waren die Regeln strenger. Trainer Jürgen Hahn schickte drei prominente Spieler wegen nicht genehmigter Feierlichkeiten am Samstag nach Hause: Es erwischte Publikumsliebling Fabian Borrmann, den Kapitän und späteren Pokalsiegertrainer Daniel von Seggern und Dominik Entelmann, der einmal Rekordtorjäger des Clubs werden sollte. Der Versuch, die Strafmaßnahme geheim zu halten, misslang relativ kläglich. Unter anderem weil die suspendierten Spieler schon am Sonntagmorgen – während die erste Mannschaft noch im Trainingslager war – in Delmenhorst vor großer Kulisse für die Reserve aufliefen.

Second Hand: 2016 stieg Atlas in die Landesliga auf – mit dem Rekord-Vorsprung von 19 Punkten. Kaum jemand weiß, dass die Meistershirts schon über ein Jahr alt waren. Eigentlich sollten sie 2015 im Wildeshauser Krandelstadion getragen werden, wo Atlas den Aufstieg durch ein 1:1 vor 4000 Zuschauern jedoch verpasst hatte. Fuhrken und Renken mussten sie – heimlich in Sporttaschen gestopft – wieder mit nach Hause nehmen und überklebten die Aufschrift einschließlich der Jahreszahl 2015 mit einer größeren Aufschrift mit der Jahreszahl 2016. „Wenn man es gegen das Licht hält, sieht man beide“, sagt Fuhrken.

Ein museumsreifer Doppelpack: Vincent Stumpe ist der einzige Fußballer, der nie für Atlas gespielt und es dennoch in den Wikipedia-Eintrag des Vereins geschafft hat. Er läuft seit 2015 für den SV Bad Rothenfelde auf und wurde zu einer Schlüsselfigur in der SVA-Historie. Am 28. Mai 2017 schoss er beim 3:3 gegen BW Lohne einen Doppelpack, den bis heute einzigen seiner Karriere. Durch diese Schützenhilfe stieg Atlas im dramatischen Saisonfinale in die Oberliga auf. Stumpe spendete sein Trikot dem Atlas-Museum der Fan-Familie Drewes – und bekam zum Dank eines mit der Nummer 17 zurück.

Tor, Steine, Scherben: Atlas und seine Trophäen – eine komplizierte Geschichte. Als der Club 2016 Bezirksliga-Meister wurde, ging die Meisterschale bei der Party im Garten des Gasthofs Menkens in Hoykenkamp verloren. Fünf Jahre später tauchte sie wieder auf – Wirt Gerhard Menkens holte sie aus dem Keller, in drei Teile zerbrochen. Zwei davon liegen im Hause Fuhrken, das größte bekam ein Mitglied des Fanclubs Block H – der es mit ins Bett nahm. Nur noch Scherben sind dagegen vom Niedersachsenpokal übrig. Am 25. Mai 2019, in der Nacht nach dem Finalsieg gegen den TuS Bersenbrück, stieß Ex-Spieler Philip Stephan das fragile Stück am Tresen kaputt.

Ein Abend voller Schlagzeilen:Das DFB-Pokalspiel gegen Werder Bremen am 10. August 2019 brachte für Atlas nicht nur einen Abend im Rampenlicht, sondern haufenweise Schlagzeilen. Schon bei der Auslosung schossen bei Jan Harpstedt nicht nur dem nimmermüden Ex-Vorsitzenden Jörg Borkus die Tränen in die Augen. Damit diese Partie im Weserstadion stattfinden konnte, änderte der DFB eigens seine Spielordnung – zu Recht, wie die 41.500 Zuschauer bestätigen werden, die Atlas zur Rekordkulisse für einen Amateurverein verhalfen. Der in der 81. Minute eingewechselte Kevin Radke hält seit diesem Abend außerdem einen deutschen Rekord: Er spielte in vier verschiedenen Pokalwettbewerben für den selben Verein. 2014 gewann er mit Atlas den Kreispokal gegen den TV Dötlingen, 2019 den Landespokal gegen Bersenbrück. Trainer Key Riebau war in seinem erst dritten Pflichtspiel für Atlas mit 29 Jahren der jüngste Trainer, der mit zwei verschiedenen Clubs im DFB-Pokal spielte. Der Jüngste überhaupt war er schon ein Jahr zuvor mit dem SSV Jeddeloh geworden. Und schließlich war da Tom Schmidt: Er nahm eine abgeblockte Flanke von Oliver Rauh in der 30. Minute direkt und traf gegen Werder-Keeper Jiri Pavlenka. Ausgerechnet Schmidt, für den ein kompletter Bus mit Freunden und Angehörigen gekommen war.

Gebrochene Herzen: Die größten Atlas-Momente fanden wohl 2019 in Hannover beim Niedersachsenpokalsieg und 2020 im Weserstadion im DFB-Pokal statt; sie waren allerdings auch mit gebrochenen Fußballer-Herzen verbunden. In Hannover bekamen vier Spieler am Morgen vor dem 3:2 gegen den TuS Bersenbrück die Nachricht, dass sie nicht im Kader stehen würden. Stürmer Steven Müller-Rautenberg hatte an diesem Tag Geburtstag. „Da flossen Tränen, wir hätten alle am liebsten geheult“, erzählt Fuhrken. Gegen Werder schafften es ebenfalls einige verdiente Akteure um Ex-Kapitän Stefan Bruns nicht ins Aufgebot. Rekordspieler Thomas Mutlu war zwar im Kader, wärmte sich aber vergeblich auf. Immerhin bekam er nach dem Spiel das Trikot von Werder-Legende Claudio Pizarro.

 

Hochzeitssuppe à la Chef: Atlas hat auf dem Transfermarkt schon manches Schnäppchen gemacht – vielleicht auch dank geschickter Bestechung. Marco Stefandl tischte Vorsitzender Manfred Engelbart eine Hochzeitssuppe auf, Tobias Steffen servierte er ein Krabbenbrot. Als Marek Janßen sich bei seinem Wechsel noch zierte, bekam er zum Geburtstag die Atlas-Dokumentation per Post. Er sah sie sich dreimal an und sagte in Delmenhorst zu.

Die Atlas-WG:Stürmer Emiljano Mjeshtri ist der einzige Spieler, der es aus der Jugend in die erste Mannschaft geschafft hat, doch das ist noch der langweiligste Teil seiner Geschichte. Er kam 2015 als 15-Jähriger zusammen mit seinem Vater aus Albanien und kam gleich in Kontakt mit Atlas – er wohnte mit anderen Einwanderern im Stadionheim und konnte die Spiele aus dem Fenster verfolgen. Als sein Vater zurück in die Heimat zog, konnte er bleiben, weil Atlas-Legende und -Jugendtrainer Dirk Musiol und dessen Sohn Julian ihn als Pflegekind bei sich aufnahmen. Die Atlas-WG scheint zu harmonieren: Mjeshtri wohnt noch immer im Hause Musiol.

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