Über die Familienfreundlichkeit von Anstoßzeiten lässt sich seit jeher streiten, wie diverse Spielerfrauen und -männer sicher bestätigen können. Als Fußballer des SV Atlas hat man es noch vergleichsweise gut getroffen, der Delmenhorster Oberligist spielt seine Heimspiele in der Regel am Samstagnachmittag, was den Sonntag für fußballferne Aktivitäten frei lässt.
Viel komfortabler als am Samstag hat man es auch als Atlas-Spieler aber selten. Das Auswärtsspiel beim 29 Kilometer entfernten TB Uphusen ab 17.30 Uhr ist die einzige Partie, zu der das Team nicht mit dem Mannschaftsbus fährt. Die Anreise ist privat zu organisieren – für die Bremer Spieler im Kader wäre Delmenhorst doch ein unnötiger Umweg. „Es ist ungewohnt, aber ich sehe keinen Nachteil, wenn dieses Mal jeder persönlich anreist. Im Mannschaftsbus mache ich sonst auch nicht viel“, sagt Trainer Jürgen Hahn. „Wir haben vor Ort noch genügend Zeit, uns einzustimmen.“
Sieg bringt beste Platzierung seit 23 Jahren
Anderthalb Stunden nämlich, so viel muss dann doch sein. „Wir spielen in der Oberliga und nicht in der Kreisklasse“, sagt Hahn. „Man braucht seine Zeit, um sich seriös auf ein Spiel vorzubereiten.“ Wie üblich werden sich seine Spieler den Platz anschauen und etwas Obst essen, ehe es ans Warmmachen geht – Hahn und Co-Trainer Marco Büsing werden dabei nicht groß stören: „Was wir zum Gegner sagen müssen, haben wir am Freitag schon gesagt“, erklärt Hahn.
Auf jeden Fall dürfte jeder Spieler noch einen Parkplatz finden, weil es davon am Uphuser Arenkamp erstens genügend gibt und Uphusen zweitens in der Region nicht direkt die Massen mobilisiert – mit einem Schnitt von knapp über 200 Fans pro Spiel ist man in der Zuschauertabelle aber ausnahmsweise wenigstens mal nicht Letzter. Der Turnerbund hat durch Trainer Fabrizio Muzzicato schon verlauten lassen, dass der ganze Verein auf das Duell der Nachbarn brennt, vermutlich auch wegen der zu erwartenden Invasion der Atlas-Fans.
Uphusen mal wieder runderneuert
Sie könnten mit ihrer Mannschaft einen historischen Sprung in der Tabelle erleben. Mit einem Sieg würde Atlas – momentan Vierter – mindestens die überraschend auf Rang drei stehenden Uphuser überholen und damit die beste Oberliga-Platzierung seit mehr als 23 Jahren erreichen – damals stieg der alte SVA als Vizemeister in die Regionalliga auf.
Um sich oben zu etablieren, wäre ein Sieg in Uphusen ein Bigpoint. Obwohl es kein ganz normales Oberliga-Spiel wird, bremst Hahn aber die Emotionen bei seinem Team. „Ich will nicht von einem Derby sprechen. Historisch ist das nicht gerechtfertigt“, sagt der Trainer.
Es ist ja auch erst das dritte Punktspiel der beiden Clubs, die so dicht beieinander liegen und doch so unterschiedlich sind. Fan-Krösus Atlas gilt auch nicht als Armenhaus der Liga, hat aber immerhin eine Menge Lokalkolorit in der Mannschaft: Zehn Spieler im Kader sind gebürtige Delmenhorster. In Uphusen dagegen wird die Mannschaft regelmäßig umgekrempelt, allein im Winter kamen zehn Neuzugänge – Gerüchten zufolge dank einer Sponsorenhilfe im fünfstelligen Bereich –, im Sommer dann weitere zehn, angeführt vom 322-fachen Regionalligaspieler Viktor Pekrul. Die zusammengeholte Mannschaft ist nach sechs Spielen aber noch ungeschlagen. „Sie haben viel, viel Geld in die Hand genommen in Uphusen. Aber scheinbar haben sie es gut investiert“, sagt Hahn.
Beide Vereine eint allerdings der eines Oberligisten kaum würdige Nachwuchsbereich. Atlas hat keine B- und keine C-Jugend, Uphusen ist bei den Junioren aller Altersklassen auf eine Spielgemeinschaft mit dem TSV Bierden angewiesen.