Thomas Mutlu war in Hochform am vergangenen Sonntag. Er grätsche, er spurtete, er gestikulierte und er meckerte, wenn es was zu meckern gab – die Allzweckwaffe des SV Atlas ließ, kurz gesagt, auch gegen den TuS Bersenbrück kein Stück Rasen im Delmenhorster Stadion unbeackert. Nach dem in letzter Minute verschenkten Sieg war er auch einer der ersten, der sein Lächeln wiederfand und das 2:2 in eine verhaltene Kampfansage umformulierte. „Heute hatten wir Pech“, sagte er. „Aber nächstes Mal versuchen wir es wieder.“
Man könnte das auch auf den SV Atlas im Allgemeinen beziehen, der sich seit Saisonbeginn unermüdlich um Mitgliedschaft in der Oberliga-Spitzengruppe bewirbt, aber noch immer in der Warteschleife hängt. Mal scheiterte es an einer Formschwäche zur Unzeit, mal am fehlenden Glück wie nach dem starken Kampf gegen Bersenbrück. Alle fünf Vereine, die noch über den Delmenhorstern stehen, hatten schon ihre kleinen oder großen Siegesserien, Atlas dagegen hat seit dem Aufstieg in Niedersachsens Eliteklasse 2017 nie mehr als zwei Ligaspiele in Folge gewonnen. „Gegen Bersenbrück waren wir 80 Minuten sehr gut. Was in der Oberliga aber nicht reicht“, sagt Trainer Jürgen Hahn.
Trainerwechsel in Spelle funktioniert bisher
Doch sie versuchen es eben weiter und haben es in dieser bisher wichtigsten Phase der Saison nun selbst in der Hand. In den kommenden drei Wochen sind drei der letzten fünf Clubs der Tabelle die Gegner, die Kellertournee beginnt am Sonntag ab 14 Uhr beim SC Spelle-Venhaus, der zur allgemeinen Überraschung lange eine miserable Saison spielte. Nach nur zwei Siegen aus den ersten elf Spielen wurde deshalb Trainer Sebastian Röttger entlassen. Sein ehemaliger Co-Trainer Hanjo Vocks übernahm und gewann seine ersten beiden Partien. „Es gibt noch zwei, drei Dinge, die wir bearbeiten müssen“, sagt Vocks. „Aber wir sind gut aufgestellt. Hoffentlich können wir das auch gegen Atlas zeigen.“
Spelle hatte in der Vorsaison die Chance, auf die nun Atlas hofft: Der Verein mit der größten Fußball-Abteilung im Emsland spielte lange um den Aufstieg mit, um schließlich zu verzichten – und danach einzubrechen. Unter Vocks, der einst die U17 des VfL Osnabrück in der Bundesliga coachte, geht es nun aber erst einmal darum, das Potenzial des Kaders abzurufen, der unter anderem mit den drei sechsfachen Torschützen Sascha Wald, Merlin Schütte und Simon Schäfer deutlich zu stark ist für den Abstiegskampf. Hahn erklärt die Speller sogar zur „absoluten Spitzenmannschaft. Ich schätze sie genauso stark ein wie Bersenbrück.“
Osei und Schmidt in der Startelf?
Atlas wird ihnen mit dem üblichen Kampfgeist begegnen, zu dem natürlich auch Dauerläufer Mutlu seinen Teil beitragen wird, dieses Mal als Rechtsverteidiger. Umstellen muss Hahn trotzdem, weil der zuletzt bissige Dennis Mooy verletzt ausfällt. Tom Schmidt steht dafür bereit, während sich im Angriff Marvin Osei mit seinem leidenschaftlichen Joker-Einsatz in den Kreis der Startelfkandidaten gespielt hat. „Er hat Emotionen reingebracht. Er ist ein guter Junge, mit dem man sowas auch kommunizieren kann“, sagt Hahn.
Der Coach wird die Tabelle vor Augen haben und wissen, dass bei der Frage, wer am Ende um den Aufstieg mitmischt (mit dem auch im Delmenhorster Vorstand immer mal wieder offensiv geliebäugelt wird), diverse Unbekannte im Spiel sind. Der Dritte, Bersenbrück, hatte in der Vorsaison schon abgewunken, der Vierte, Eintracht Braunschweig, II darf nach menschlichem Ermessen nicht aufsteigen. Der Weg für Atlas könnte kürzer sein, als es momentan scheint. Wenn die Siegesserie endlich kommt.