Die Tage werden auch in Delmenhorst wieder länger, was für abendaktive Fußballer einige Vorteile bringt, vor allem wenn sie auf den Nebenplätzen des Delmenhorster Stadions trainieren. Das eher mäßig helle Flutlicht ist schon beinahe legendär, mit Hero Mennebäck hat selbst der zuständige Fachbereichsleiter der Stadt die Beleuchtung einst „ziemlich diffus“ genannt. Große Probleme bereitet das unter anderem dem SV Atlas, wie zuletzt Verteidiger Leon Lingerski in der Stadionzeitung offenbarte: Man könne in der Oberliga keine perfekten Bedingungen erwarten, aber mit diesem Licht „kann ich mich persönlich nicht so richtig anfreunden“.
Das Abschlusstraining vor dem sonntäglichen Auswärtsspiel bei Spitzenreiter HSC Hannover (15 Uhr) fand am Freitagabend deshalb auf der Anlage des Delmenhorster BV an der Schanzenstraße statt, ab und zu weicht man auch zum Delmenhorster TB aus – mit Sack und Pack und Bällen und Hütchen. „Wir sind dankbar für die Hilfe der anderen Vereine“, sagt der Leistungsfußball-Leiter Bastian Fuhrken. „Aber das kann ja so kein Zustand sein.“ Die miesen Bedingungen im Stadion werden nicht nur im Trainingsbetrieb zunehmend zum Wettbewerbsnachteil für die Delmenhorster, sondern auch auf dem Transfermarkt. „Dieses Flutlicht ist eine Katastrophe. Man muss sich ja schämen, wenn mögliche Neuzugänge zum ersten Mal zum Probetraining kommen“, sagt Fuhrken.
Blancke zum zweiten Mal beim Spitzenreiter
Die Stadt hatte schon länger beschlossen, eine sechsstellige Summe in das Flutlicht der Plätze drei und fünf zu investieren, nach Fuhrkens Stand soll es in diesem Jahr losgehen. „Es muss dringend was getan werden. Aber wer weiß, wann die Arbeiten losgehen?“, sagt der Vorständler, der erst einmal weiter improvisieren muss.
Es ließe sich auch im Halbdunkel etwas leichter trainieren, wenn es sportlich laufen würde, doch bisher hat Atlas 2019 noch nicht gewonnen, durch zwei Spielausfälle standen die Delmenhorster aber auch erst zweimal wieder zu Pflichtspielen auf dem Platz. Das jüngste 1:1 gegen den TB Uphusen machte keinen so richtig glücklich, auch weil der zuvor starke Karlis Plendiskis mit einem verschossenen Elfmeter in der Nachspielzeit den möglichen Sieg vergab.
Olaf Blancke hat allerdings auch ein undankbares Startprogramm als Atlas-Trainer, in seinem dritten Spiel läuft er am Sonntag zum zweiten Mal beim Tabellenführer auf – sein Debüt war mit 1:2 beim damaligen Primus Eintracht Northeim verloren gegangen. Hannover hat, wie auch Northeim, im Winter angekündigt, die Lizenz für die Regionalliga zu beantragen. Bei mittlerweile neun Punkten Vorsprung auf Rang drei scheint ein Aufstieg sogar realistisch, obwohl der Club aus dem Stadtteil List in der vergangenen Spielzeit noch Landesligist war.
Atlas hofft auf 150 Auswärts-Fans
Das Spiel am Sonntag kann man auch organisatorisch als Probelauf sehen. Im HSC-Stadion an der Constantinstraße fand zwar 2015 die Gehörlosen-Europameisterschaft der Frauen statt, dennoch müssten die Hannoveraner für die Regionalliga noch nachrüsten. Fan-Krösus Atlas bringt in der Regel die meisten Zuschauer mit und sorgt damit nicht nur für hohe Einnahmen, sondern auch für hohen Aufwand. Fuhrken hofft, dass dieses Mal rund 150 Anhänger das Team begleiten: „Wir haben Länderspielwochenende, die Bundesliga funkt uns also nicht dazwischen.“
Damit es aus Delmenhorster Sicht etwas zu feiern gibt, muss schon alles passen – der HSC hat seit dem 10. November und einem 1:5 in Uphusen nicht mehr verloren und ist prominent besetzt. Kapitän Ferhat Bikmaz war einst U17-Europameister und Profi in der türkischen Süperlig. Atlas dagegen hat immer wieder mit neuen Ausfällen zu kämpfen, nun ist nach seinem Platzverweis mit Marco Prießner auch noch der zuverlässigste Stürmer gesperrt. Das erhöht die Startelf-Chancen für Dauerjoker Marvin Osei, der mit dem Ausgleich gegen Uphusen seinen dritten Saisontreffer schoss – und eines der nur elf Stürmertore in dieser Saison.