Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen – und die drücken sich beim SV Atlas Delmenhorst nach wichtigen Siegen in der Regel durch die Humba mit Mannschaft, Fans und Funktionären aus. Am Mittwochnachmittag um kurz nach 17 Uhr wurde Mittelfeldspieler Thomas Mutlu von den Atlas-Anhängern als Vorsinger auserkoren. Nicht deshalb, weil er seine zwei hochkarätigen Torchancen nicht genutzt hatte. Sondern deshalb, weil „Maschine Mutlu“ in einer überzeugenden Mannschaft einmal mehr ein Ausbund an Einsatz, Laufbereitschaft und Zweikampfstärke war. Im Block H stimmte Mutlu dann die üblichen Sprechchöre an, doch auf seinen Schlachtruf „DFB-Pokal“ antwortete das blau-gelbe Jubelknäuel um den Vorsitzenden Manfred Engelbart dann besonders laut: „DFB-Pokal!“
Aus einem guten Grund: Der höchste Pokal-Wettbewerb im deutschen Fußball ist für Atlas tatsächlich nur noch zwei Siege entfernt. Im Viertelfinale bezwangen die Delmenhorster ihren Oberliga-Rivalen FC Hagen/Uthlede vor laut Vereinsangaben 1200 Zuschauern auch in der Höhe verdient mit 4:0 (2:0) und stehen damit im Halbfinale, das am 22. April 2019 (Ostermontag) ausgetragen wird. „Der Traum lebt weiter“, jubelte SVA-Trainer Jürgen Hahn.
Anders als noch beim Ligaspiel am ersten Spieltag, als sich Hagen/Uthlede nach einem frühen 0:2-Rückstand noch ein verdientes 2:2 erkämpfte, hatte der Aufsteiger dieses Mal kaum eine Chance. „Kompliment an die Mannschaft für eine tolle Leistung. Das war ein echtes Highlight“, schwärmte Hahn und analysierte völlig richtig: „Es gab zu keiner Sekunde Zweifel an unserem Sieg.“ Brandgefährlich im Angriff, dominant im Mittelfeld und aufmerksam in der Abwehr – so zog Atlas den Gästen über 90 Minuten lang den Zahn. In die Karten spielte den Gastgebern dabei natürlich auch ein optimaler Start. Denn Atlas führte bereits nach 58 Sekunden mit 1:0.
Nach einem Pass auf die linke Seite zog Tom Schmidt in den Strafraum und legte den Ball clever in den Rückraum auf Prießner ab, der viel Zeit hatte, den Ball im Tor zu versenken – 2:0 (14.). Den freien Raum geöffnet hatte Patrick Degen mit seinem Sprint auf den kurzen Pfosten. Kurz nach der Pause schloss Prießner einen starken Alleingang mit dem 3:0 ab und entschied schon fast die Partie (49.).
Den Schlusspunkt setzte Karli, der nach einem abgewehrten Schuss von Oliver Rauh davon profitierte, dass Schmidt den Ball aus drei Metern frei vor dem leeren Tor fast unmöglich nur an die Latte geballert hatte, von aus dieser dann über Umwege bei Karli gelandet war (77.).
Hagens Trainer tun die Gäste-Fans leid
Mit dem 0:4-Endstand waren die Gäste am Ende sogar noch gut bedient. Atlas besaß insgesamt elf gute bis sehr gute Torchancen, darunter einen Latten-Kopfball von Karlis Plendiskis (26.) und ein Abseitstor von Prießner (43.). „Wir hätten tendenziell noch höher verlieren können“, räumte Hagen/Uthledes Coach Carsten Werde nach dem Spielende fair ein.
„Wir hatten uns viel vorgenommen, wollten Atlas hoch verteidigen. Aber nach dem frühen 0:1-Rückstand sind bei ein, zwei Spielern leider die Köpfe schon runtergegangen.“ Ihm tue es vor allem für die vielen Hagener Zuschauer leid, „dass wir keinen richtigen Pokalfight liefern konnten“. 300 Gäste-Fans waren aus dem Bremischen an die Delme gereist.
Prießner, Degen und Schmidt erwischen glänzenden Tag
Der SV Atlas zog sich nach seiner 2:0-Führung nicht zurück und machte 76 Minuten lang weiter Druck. Besonders der Dreiersturm mit Prießner und den inversen Außenangreifern Tom Schmidt (links) und Degen (rechts) erwischte einen glänzenden Tag. „Wir haben das clever von hinten raus gespielt und die ganze Breite des Spielfeldes genutzt. Das frühe 2:0 hat uns natürlich in die Karten gespielt“, sagte Prießner. Wichtig sei vor allem sein frühes 3:0 gewesen.
Hagen/Uthlede hätte mit etwas Glück bei Chancen für Christoph Müller (28., Freistoß) und Erik Köhler (33., Florian Urbainski kommt unnötig aus seinem Tor) durchaus den Anschluss erzielen können. Doch insgesamt war die Offensivwucht der Blau-Gelben zu groß.
Wer wartet im Halbfinale?
Im Halbfinale sind nun der TuS Bersenbrück (4:2 im Elfmeterschießen gegen Heeslinger SC), 1. FC Wunstorf (2:1 gegen Borussia Hildesheim) und Eintracht Northeim (3:0 beim MTV Wolfenbüttel) die möglichen Gegner. Wer es dort für den SVA sein darf? „Völlig egal. Hauptsache ein Heimspiel“, sagten die DFB-Pokal erfahrenen Hahn (als Torwart mit SG Regensburg 0:2 gegen Hertha BSC) und Prießner (mit dem VfB Oldenburg 1:2 gegen den HSV) unisono.
Die Halbfinalpaarungen in beiden Wettbewerbsbäumen werden während eines Workshops mit den noch im Pokalrennen stehenden Vereinen ausgelost, teilte der NFV mit. Ein Termin steht noch nicht fest.
Das Endspiel findet am 25. Mai, anlässlich des bundesweiten „Finaltages der Amateure“, statt. Der Endspielort wird vom Spielausschuss festgelegt. Das kann entweder der Platz eines der Finalisten oder ein neutrales Stadion sein. Der Gewinner spielt dann in der ersten Runde des DFB-Pokals 2018/19. Und dann dürfte ein Atlas-Spieler garantiert wieder einmal die Humba anstimmen.