Premieren verlaufen ja nicht immer reibungslos, das galt am Sonntag auch für die erste offizielle Pressekonferenz des SV Atlas auf dem Rasen des Delmenhorster Stadions. Man hatte eine Sponsorenwand aufgebaut und eine Kamera auf ein Stativ gestellt, nur war plötzlich einer der beiden Hauptdarsteller verschwunden. Atlas-Trainer Jürgen Hahn stand schon parat, um das 2:2 (0:1) gegen den TuS Bersenbrück zu erklären, sein Bersenbrücker Kollege Farhat Dahech aber musste erst aus der Kabine geholt werden und erschien gerade noch rechtzeitig, bevor man die Veranstaltung abblasen musste – mit einem schelmischen Grinsen auf dem Gesicht.
Die Bersenbrücker hatten an diesem Nachmittag ohnehin ein Gespür für den letzten Drücker bewiesen. Mit einem Tor in der Schlussminute ergaunerte sich der Tabellendritte einen Punkt und traf die Delmenhorster mitten ins Herz; statt nach Punkten gleichzuziehen, bleiben sie Sechster. Dahech bekannte, „sehr glücklich zu sein“ über das Remis bei einem „robusten und schnellen Gegner“, während Hahn gestand: „Es tut weh. Wir wollten gewinnen und Bersenbrück einholen. Aber so ist das, man muss den Weg nach oben Schritt für Schritt gehen.“
„Wir sind gut, wenn wir dreckig sind“
Auch seinen Spielern war der Missmut über die verpasste Rückkehr in die Spitzengruppe anzusehen. Verteidiger Marlo Siech schrie nach dem Abpfiff seinen Frust heraus, Stabilisator Thomas Mutlu schlug gegen das Dach der Trainerbank und stellte dann fest: „So ein Gegentor kurz vor Schluss ist schmerzhaft. Wir haben eigentlich gut gespielt – wir sind ja immer gut, wenn wir dreckig sind.“
In dieser Disziplin schenkten sich jedoch beide Mannschaften nichts. Außer der Bersenbrücker Führung nach einem langen Ball über links und einem Querpass zum Torschützen Amir Redzic (10.) waren die regelmäßigen Nickligkeiten die Höhepunkte der ersten Hälfte. Die Bersenbrücker verwalteten relativ mühelos das 1:0, was ihnen in der zweiten Halbzeit aber zum Verhängnis wurde. Mit viel Willen und angeführt von dem nach einer guten Stunde eingewechselten Marvin Osei übernahm Atlas das Kommando und verschob das Spiel immer weiter Richtung Bersenbrücker Strafraum – bis schließlich der Knoten platzte. Osei schickte Mittelstürmer Marco Prießner lang, der per Heber traf, mit etwas Unterstützung der Latte.
Köster kämpft den Ball ins Tor
Das weckte auch die Kulisse auf, gemeinsam mit den 950 Zuschauern bog Atlas das Spiel in der 84. Minute endgültig um – wofür Kapitän Nick Köster fast alleine sorgte. Er erkämpfte sich den Ball nach einem missglückten Angriff kompromisslos am gegnerischen Strafraum von David Leinweber zurück und schlenzte ihn ins lange Eck – die komplette Delmenhorster Bank lief danach jubelnd über das Feld. „Nick hat seiner Rolle als Kapitän da alle Ehre gemacht. Er hat das Tor mit Willen erzwungen“, lobte Hahn. Dahech musste einräumen, dass seine Mannschaft das Unheil selbst heraufbeschoren hatte, „weil wir akzeptiert haben, dass Atlas das Spiel übernimmt“.
„Atlas macht auch Fehler“
Die Niederlage akzeptierten die Bersenbrücker dagegen nicht und warfen in den letzten Minuten alles nach vorne. Unglücksrabe Leinweber wurde in den Angriff beordert, traf in der 87. Minute aus der Distanz die Latte und machte seinen dicken Patzer vor dem zweiten Gegentor schließlich wieder gut, als er den Ball in der Schlussminute über die Linie schaufelte – selbst Bersenbrücks Torwart Christoph Bollmann war da schon mit im Strafraum. Atlas hatte es zuvor verpasst, sich zu befreien. „Wir hatten den Ball schon dreimal vorher und kriegen ihn nicht weg“, ärgerte sich Mutlu, und auch Köster haderte: „Man ist enttäuscht nach so einem späten Rückschlag.“
„So ein Gegentor kurz vor Schluss ist schmerzhaft. Wir haben eigentlich gut gespielt – wir sind ja immer gut, wenn wir dreckig sind.“ (Thomas Mutlu)
Damit revanchierten sich die Gäste für das Hinspiel, das Atlas nach dem kuriosesten Tor der Saison mit 2:1 gewann, Keeper Bollmann hatte damals beim Klärungsversuch in der Nachspielzeit Sandro Heskamp den Ball ins Gesicht geschossen, den dann Thade Hein zum Delmenhorster Siegtor einschob – Heskamp hatte sich bei der Aktion das Nasenbein gebrochen. „Fußball ist vielleicht so, dass sich solche Dinge ausgleichen“, sinnierte Hahn. Dahech bemerkte lächelnd: „Atlas ist eine gute Mannschaft. Aber sie machen auch Fehler.“