Die Spieler schlichen bedröppelt vom Platz, die Fans verließen enttäuscht das Stadion – und was machte Jürgen Hahn? Versuchte zwei Minuten nach dem Spielende erst gar nicht, irgendetwas schön zu reden. „Das war eine unnötige, aber auch verdiente Niederlage. Unsere schlechteste Saisonleistung“, redete der Trainer des SV Atlas Delmenhorst nach dem 1:2 (1:1) beim starken Oberliga-Aufsteiger VfL Oythe nicht um den heißen Brei herum. Nach acht Punkten aus vier Spielen holten die Blau-Gelben erstmals in dieser Fußball-Saison keine Punkte.
Die Mängelliste der Blau-Gelben beim Vechtaer Stadtteil-Klub war am Sonntagnachmittag vor allem in den letzten 60 Minuten lang. Sehr lang. Stockfehler und schlampige Zuspiele, schwaches Zweikampfverhalten und fehlende Kommunikation, wenig Tempo und noch weniger Torgefahr. Oder, wie es Hahn ausdrückte: „Fußballerisch war das viel zu wenig.“ Weil kaum ein Feldspieler Normalform erreichte, stand am Ende die erste Pleite nach zuvor saisonübergreifenden elf Pflichtspielen ohne Niederlage.
Nick Köster trifft im Nachsetzen zum 1:0 für Atlas
Dabei spielten die Gäste vor 750 Zuschauern zumindest vernünftige 30 Minuten – und nutzten gleiche ihre erste Möglichkeit zur Führung. Nach einer Flanke von Marvin Osei drückte Kapitän Nick Köster den Ball im Nachsetzen mit dem Oberkörper aus einem Meter über die Linie (17.). Für Oythe war es der sechste Rückstand im sechsten Pflichtspiel in dieser Saison.
Doch mit zunehmender Spieldauer glitt dem SVA die Partie aus den Händen. Immer wenn sich der VfL durch die Mitte kombinierte oder lange Bälle auf seine schnellen Offensivleute schlug, wurde es gefährlich. Hahn hatte davor in der Trainingswoche zwar gewarnt, doch unterbinden konnte die Atlas-Defensive dies nicht.
Der starke Torwart Florian Urbainski hielt zwar erst noch gegen Dennis Jex (27.) und dann bei einer Dreifachchance für Jex und Dustin Beer (42.). Doch Atlas bettelte weiter um den Ausgleich – und bekam ihn dann kurz vor der Pause. Nach einem Chipball von Jex und einer Kopfballverlängerung von Sebastian von Merveldt schoss Beer zum hochverdienten 1:1 ein (44.).
Hahn reagierte in der Halbzeit. Leon Lingerski spielte nun Linksverteidiger für den ausgewechselten Dennis Mooy, der eingewechselte Thomas Mutlu rückte ins Mittelfeld und stabilisierte das Zentrum. Bei einer Schusschance von Musa Karli hatten die 200 Delmenhorster Fans den Jubelschrei schon auf den Lippen (54.). Der vermeintliche Offensivschwung blieb aber nur ein laues Lüftchen.
SV Atlas spielt ab der 68. Minute in Überzahl
Und in der Defensive? War Atlas weiter nachlässig. Jex konnte relativ unbedrängt flanken, Nico Emich relativ freistehend einköpfen: Oythe jubelte über das 2:1 (61.).
Wer dachte, Atlas würde darauf mit wütenden Angriffen reagieren, sah sich getäuscht. Wie eine Handball-Mannschaft schob der SVA im Spielaufbau den Ball von der einen Seite auf die andere und wieder zurück. Gefährlich wurde es nicht. Es fehlten Ideen und, mit Ausnahme einiger Tempoläufe von Oliver Rauh, der Zug zum Tor. „Wir waren vom Kopf her nicht da. Wir haben ja kaum zweite Bälle gewonnen. Die Griffigkeit hat total gefehlt“, klagte Hahn.
Dass die Gäste nach Rot für Emich (68., Foul an Rauh) in der Schlussphase in Überzahl spielten, war kaum zu sehen. Dass der VfL weiter mit hoher Laufarbeit gegen den Ball verteidigte, schmeckte Atlas überhaupt nicht. Chancen für den SVA? Praktisch Fehlanzeige. Es gab ein Schüsschen von Steven Müller-Rautenberg (90.+3) und einen Freistoß von Karli über das Tor (90.+4). Danach war Schluss – und die erste Pflichtspielniederlage für Atlas seit dem 21. April (1:2 gegen BV Cloppenburg) perfekt.